Freitag, 2. Dezember 2011

Haushaltsdefizite versus Handelsbilanzüberschüsse

Warum sollen vorübergehende Haushaltsdefizite als Antwort auf eine schwere Krise eine Sünde sein, während anhaltend hohe Handelsbilanzüberschüsse als Tugend gelten?

Diese Frage ist vergangene Woche endlich auch in Brüssel angekommen. Dort wurde nicht nur die Defizite der Staatshaushalte als Problem diskutiert, sondern auch die Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen, schreibt Heiner Flassbeck in einem weiteren lesenswerten Essay („Wer im Glashaus sitzt...“) in Hamburger Abendblatt.

Bemerkenswert ist, dass „Deutschland von der EU-Kommission allen Ernstes verlangt, bei der Beurteilung von makroökonomischen Ungleichgewichten auf die kritische Evaluierung  von Überschussländern verzichtet“, hebt Flassbeck hervor.

Die Begründung: Es könne kein wirtschaftspolitischer Fehler sein, wenn ein Land seine Wettbewerbsfähigkeit verbessere. Wie falsch diese Argumentation ist, erklärt der Chefökonom bei der UNCTAD (UNO Organisation für Welthandel und Entwicklung) in Genf wie folgt.


Handelsungleichgewichte in der Eurozone, Graph: Friederike Spiecker

Man kann die Verhältnisse zwischen Ländern mit eigener Währung nicht einfach auf das Verhältnis von Ländern mit einer gemeinsamen Währung übertragen. Weil Wettbewerbsfähigkeit immer ein relatives Konzept ist. Man kann seine Wettbewerbsfähigkeit immer nur zu Lasten eines anderen verbessern.

Deutschland hat zudem mit seiner deflationären Lohnpolitik klar gegen das von der EZB gesetzte Inflationsziel von zwei Prozent verstossen. Andere Länder nun aufzufordern, das Gleich zu tun, öffnet laut dem ehemaligen Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen (1998-1999) das Tor für Deflation und Stagnation.


Deutschland: Verlauf des privaten Verbrauchs, Graph: Friederike Spiecker

„Deutschland ist von nun an verantwortlich dafür, dass das Ziel der Preisstabilität in der Eurozone nicht mehr erreicht werden kann. Dass man gleichzeitig Inflationsgefahren beschwört, wird als unbegreiflicher Irrtum in die Geschichte eingehen“, legt der Autor des lesenswerten Buches Marktwirtschaft des 21.Jahrhunderts dar.

Hat tip to NachDenkSeiten.

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