Freitag, 1. April 2011

Discount Window: Kreditversorgung am sog. Diskont-Fenster

Die US-Notenbank hat gestern aufgrund eines Gerichtsbeschlusses (wegen „Freedom of Information Act“) die Namen der Banken (29'000 Seiten in einer CD in PDF-Format) bekannt gegeben, die während der Krise Kredite via Discount Window erhalten haben. Die Fed hat laut Bloomberg auf der Höhe der Finanzkrise Notkredite in Höhe von 110,7 Mrd. Dollar vergeben.

Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen dem Leitzins (Fed Funds Rate) und dem Diskontsatz. Die Banken können sich am Diskont-Fenster zu einem festen Zins (discount rate) Geld besorgen, wenn kurzfristig Not am Mann ist. Die Protagonisten der geldpolitischen Transaktionen wissen, dass die Ausleihe am Diskontfenster im Verlauf der Jahre stark zurückgegangen ist. Warum? Weil (1) die Möglichkeiten der Refinanzierung an den Finanzmärkten zugenommen haben, und (2) die Banken den direkten Gang zur Fed meiden, da die Kreditbesorgung am sog. Diskont-Fenster auf eine Notfinanzierung hindeutet. Kein Kreditinstitut will damit stigmatisiert werden.


Kreditaufnahme via Discount Window, Graph: Fed St. Louis

(3) die Refinazierung am Diskont-Fenster teuer ist, da der Diskontsatz i.d.R. 100 Basispunkte über dem Leitzins (Fed Funds Rate) liegt. Daher suchen sich die Banken heute die nötigen Mittel am Interbankenmarkt. Die Frage ist also, warum eine Bank auf die Kreditaufnahme bei der Fed zurückgreifen soll, wenn sie sich das Geld zum Tagesgeldsatz über Nacht (overnight market) günstiger leihen kann?

Bemerkenswert ist, dass die Federal Reserve Bank of New York am Mittwoch, also einen Tag vor der Veröffentlichung der Namen der Banken, die am Diskont-Fenster Kredit aufgenommen haben, einen lesenswerten Beitrag zum Thema mit zahlreichen informativen Links geliefert hat.

Ferner:

Perry Mehrling zeigt in seinem aktuellen Buch (“The New Lombard Street”. How the Fed Became the Dealer of Last Resort) auf, wie Herausforderungen der jüngsten globalen Finanzkrise im Lichte von Walter Bagehots Konzept entgegengehalten werden kann. Die Kreditvergabe über „Discount Window“ entsprach genau der geflügelten Beschreibung von Bagehot (1826-1877): Kreditvergabe zu einem hohen Satz („lend freely but at  a high rate“), bemerkt Prof. Mehrling. Im Rahmen von Discount Window wurde die primary credit rate bislang 100 Basispunkte über dem Fed Funds Rate gesetzt.

Walter Bagehot beschreibt in seinem 1873 veröffentlichten Buch „Lombard Street: A Description of the Money Market“, wie Transaktionen am Geldmarkt funktionieren. Der britische Ökonom, der zugleich die  Wochenzeitschrift „The Economist“ herausgegeben hat, erklärt in seinem klassischen Werk, warum die Zentralbanken als „lender of last resort“ agieren müssen, um in einem taumelnden Kreditsystem die Liquidität zu sichern. Sein Buch legt die Grundsätze fest, die dazu beigetragen haben, die Rolle der modernen Zentralbanken zu definieren, insbesondere in Krisenzeiten.

PS: zu Discount Window Rates New York Fed.

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