„Mehrere Kommentatoren haben jüngst auf die schwierige wirtschaftliche Lage in einigen Ländern der Euro-Zone als Faktor hingewiesen, der Einfluss auf die geldpolitischen Entscheidungen der EZB in naher Zukunft nehmen würde und sollte, unabhängig von den Risiken für die Preisstabilität in der Euro-Zone als Ganzes“, schreibt Jürgen Stark in einem langweiligen Kommentar („ECB must favour no nation“) in FT. Er teile die Ansicht nicht, unterstreicht das Mitglied des Direktoriums der EZB. Diese Perspektive muss nicht nur allen passen, sondern auch nützen, argumentiert der EZB-Chefvolkswirt. „Er dürfte auf die Leute wie Ryan Avent, Kantoos und mich antworten, die argumentieren, dass die lockere Geldpolitik im besten Interesse der Erhaltung der Euro-Zone wäre“, bemerkt David Beckworth dazu in seinem Blog in einem lesenswerten Beitrag. Dies würde zu einer realen Aufwertung für Deutschland und Frankreich führen, während es für die dringend benötigte reale Abwertung für die EU-Peripherie sorgen würde. Leider verfehlt Stark diesen wichtigen Punkt und stellt ziemlich erstaunliche Behauptungen auf, hebt der an der Texas State University, San Marcos lehrende Wirtschaftsprofessor hervor. Das folgende Argument ist besonders verwunderlich:
Das Euro-Dilemma, Zinsgefälle: klein für die Kern-Volkswirtschaften, aber gross für die EU-Peripherie, Graph: wsj.com
Sein erster Grund, um die Ansicht der Kommentatoren zurückzuweisen, sei, dass in einer Währungsunion, wenn die Zinsen festgelegt werden, die Zentralbank nichts besser machen kann als eine flächendeckende Perspektive anzunehmen, so Stark. Das gelte für alle Zentralbanken. „Betrachten Sie die Federal Reserve: Die Fed kann den Zinssatz nicht für die spezifischen wirtschaftlichen Bedingungen, sagen wir in Texas oder Kalifornien massschneidern. Auch in Europa würde jeder Versuch, nationale Entwicklungen über die Euro-Zone zu begünstigen den bemerkenswerten Erfolg der einheitlichen Geldpolitik in der Euro-Zone gefährden: Preisstabilität“, rechtfertigt sich Stark.
„Das ist absurd“, erklärt Beckworth. Es ist allgemein bekannt, dass die Geldpolitik der EZB nicht eine flächendeckende Perspektive an den Tag legt, sondern auf die deutsche und französische Wirtschaft abzielt, aufgrund der unverhältnissmässigen Grösse dieser Volkswirtschaften in der Währungsunion. Studien zeigen, dass die EZB einen guten Job macht, was die Stabilisierung der Kern-Volkswirtschaften betrifft, aber sie wirkt destabilisierend, was die EU-Peripherie angeht, legt der Beckworth dar.
In der von David Wessel im WSJ präsentierten Abbildung ist der Unterschied zwischen dem Zinssatz nach der Taylor-Regel und dem tatsächlichen kurzfristigen Zinssatz zu sehen. Je kleiner die Differenz ist, desto angemessener ist der geldpolitische Kurs.
Die Zinsdifferenz ist klein für Frankreich und Deutschland und gross für die unruhige Peripherie. Die Geldpolitik war in der Tat in den frühen bis mittleren 2000er Jahre zu locker für die Peripherie. Jetzt ist sie zu straff. Glaubt Stark wirklich, dass die EZB jemals etwas anderes als die EU-Kernländer angepeilt hat?, hält Beckworth fest. Wenn dem so ist, dann sind die Tage der Euro-Zone tatsächlich gezählt.
Was schlägt Stark für die gegenwärtige Krise der Euro-Zone vor? So sieht seine Lösung aus:
„Alle Länder der Euro-Zone müssen die längst überfällige strukturelle Reformen durchführen, ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern, sich rasch wieder tragfähiger öffentlicher Finanzen annehmen und die Lohnstückkosten senken....“
Mit anderen Worten: Die peripheren Länder müssen schlotzen und einige strukturelle und deflationäre Schmerzen ertragen. Stark verliert aber kein Wort darüber, dass die Ungleichgewichte in manchen dieser Länder wegen der unangemessenen Geldpolitik der EZB in den vergangenen Jahren entstanden sind. Beckworth kann es nicht fassen, dass die EZB wirklich so denkt.
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