US-Notenbankchef hält an der Niedrigzinspolitik fest. Wie ist aber die allererste Pressekonferenz, die die Fed in ihrer Geschichte gehalten hat, zu bewerten? The New York Times will in einer Fragerunde („Room for Debate“) von einer Reihe von renommierten Ökonomen wissen, ob und überhaupt die Veranstaltung neue Erkenntnisse über die Geldpolitik (Doppelmandat) des Fed-Präsidenten Bernanke gebracht hat.
Fed-Gouverneur Larry Meyer hatte vor ein paar Jahren gesagt: „Wenn Sie nicht bemerkt haben, dass die Fed ein Inflationsziel von 2% pro Jahr verfolgt, dann haben Sie nicht aufgepasst“, erinnert Brad DeLong in seinem Beitrag. Daher sei der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor angesichts des scheinbaren Verzichts von Bernanke auf das Inflationsziel von 2% in der Pressekonferenz überrascht. Bernanke hat erklärt, dass er nicht bereit ist, mehr stimulierende Massnahmen zu treffen, weil es nicht klar sei, ob „wir erhebliche Verbesserung in Sachen Beschäftigung bekommen können, ohne zusätzliche Inflationsrisiken zu erzeugen“.
Der PCE-Deflator (ohne Nahrungsmittel- und Energiepreise) hat seit 2008 noch nie einen Wert von 2% in einem Jahr erreicht. Er lag deutlich darunter. In den vergangenen vier Quartalen ist der PCE-Deflator nur noch um 0,9% gewachsen.
Bei einem realen BIP-Wachstum von 3,5% dürfte die Arbeitslosigkeit wahrscheinlich noch auf 8,4% Ende 2011 liegen und 8,0% Ende 2012, unterstreicht DeLong. Die Arbeitslosigkeit in dieser Höhe würde überhaupt keinen Aufwärtsdruck auf die Löhne (wage inflation) ausüben.
Es sieht so aus, als ob 1% das neue 2%-Inflationsziel für die Geldpolitik der Fed wäre. „Wir freuen uns über eine Kerninflation von 1% mindestens noch ein weiteres Jahr, und eher drei“, bemerkt der ehemalige Staatssektretär im US-Schatzamt. Hätte die Fed ein Inflationsziel von 2%, würde sie jetzt aggressiv stimulierende Massnahmen ergreifen. Das ist aber nicht der Fall, beschreibt DeLong. Mit einem Inflationsziel von 2% oder 3% pro Jahr würde die Erholung der Wirtschaft schneller erfolgen. Die Arbeitslosigkeit wäre niedriger. Es gebe überhaupt keine Gefahr eines Anstiegs der Inflationserwartungen, fasst DeLong zusammen.
Mark Thoma argumentiert in seinem Beitrag ähnlich: Die Fed verfolgt aufgrund ihres Doppelmandats (dual mandate) sowohl Vollbeschäftigung als auch Preisstabilität. Die Fed verfehlt aber derzeit die beiden Ziele. Die Beschäftigung ist weit unter dem Niveau der Vollbeschäftigung und die Inflation verläuft unter dem Zielwert der Fed von 1,5 bis 2,0%. Die Teuerungsrate dürfte kurzfristig voraussichtlich angesichts der steigenden Rohstoffpreise zulegen. Aber die Fed sagt, dass der Anstieg der Rohstoffpreise nur vorübergehender Natur ist.
Die Fed-Prognosen deuten also keineswegs auf langfristige Sorgen über die Inflation hin. Die wichtigste Frage ist daher, warum die Fed angesichts der niedrigen Inflationserwartungen das Beschäftigungsproblem nicht angeht? Warum gibt es keine dritte Runde der mengenmässigen Lockerung (QE3) der Geldpolitik, fragt der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor mit Recht.
Bernankes Antwort auf diese Frage war unbefriedigend. Der potenzielle Nutzen von weiteren Schritten der Fed sind höheres Wirtschaftswachstum und niedrigere Beschäftigung. Die potenziellen Kosten von mehr mengenmässiger Lockerung der Geldpolitik ist Inflation. Die Entscheidung darüber, ob dem Arbeitsmarkt mehr Unterstützung zuteil werden soll, hängt also von einem Vergleich des erwarteten Vorteils für die Beschäftigung und den erwarteten Kosten der Inflation ab, legt Thoma dar.
Thoma vermutet, dass hinter der Zurückhaltung der Fed etwas anderes steckt, die Geldpolitik weiter zu lockern. Die Fed hatte im April 2009 „green shoots“ erblickt, vor genau zwei Jahren. Mit jedem Schritt, den die Fed seither tut, um den Ausblick auf bessere Zeiten zu ergründen, spielt sie die Vorteile einer weiteren Lockerung des geldpolitischen Kurses herunter, bedauert Thoma.
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