Während Mainstream-Ökonomen auf eine steigende Inflationsgefahr in den Schwellenländern Asiens hindeuten und ein Übergreifen auf die EU implizieren, schickt sich die EZB an, den europäischen Leitzins von 1,0% auf 1,25% zu erhöhen, sehr wahrscheinlich sogar am Donnerstag, da EZB-Chef Jean-Claude Trichet bereits das Signalwort „hohe Wachsamkeit“ ausgesprochen hat. Die EZB scheint damit im Sog der Inflationsfalken selbst Inflationsängste zu schüren. Eine Zentralbank kann nämlich auch durch Kommunikation Einfluss auf die Inflationserwartungen nehmen. Die Amerikaner nennen es „jawboning“, d.h. einfach (zu)reden. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie eine Zentralbank wie die Federal Reserve (Fed), die die Inflation unter Kontrolle halten will, tatsächlich handeln kann, beschreibt Brad DeLong in seinem Blog. Die erste, was die Fed tun kann, ist, um die Inflation zu kontrollieren, reden, was kurz „jawboning“ heisst. Die Fed versucht, die Menschen davon zu überzeugen, was die Zukunft bringen wird und damit für die Anpassung der Inflationserwartungen sorgt, und zwar im dem Sinne, was der Fed in diesem Fall in Sachen Inflationsrate vorschwebt.
Euroland; allgemeine Inflation und Kerninflation, Graph: Morgan Stanley
Die zweite, was die Fed tun kann, ist, wenn die Inflation höher ist als sie sich wünscht, die Wirtschaft mit einem Ziegelstein am Kopf zu treffen, beschreibt DeLong weiter. Die Fed hebt die kurzfristigen Zinsen an, um die Inflationsrate unter Kontrolle zu bringen. Das würde die langfristigen Realzinsen erhöhen, die Investitionsausgaben und die Ausfuhren nach unten drücken. Verstärkt durch den Multiplikator würde auch das reale BIP zurückfallen. Die Arbeitslosenquote würde nach oben geschoben werden.
Kann aber „jawboning“ funktionieren? Ja, bemerkt der an der University of California, Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor und verweist auf das klassische Beispiel aus Weimar, Deutschland 1923 und 1924. Die deutsche Regierung hat die Hyperinflation nicht durch weniger-Geld-drucken zu Ende gebracht, wie Tom Sargent von NYU erklärt, sondern sie hat nach dem Ende der Hyperinflation schneller mehr Geld gedruckt als zuvor. Die Regierung hat aber einfach den Namen der Währung geändert und machte Menschen glauben, dass die Hyperinflation zu Ende war, sodass die Dinge in Zukunft anders sein würden, schildert DeLong.
Warum die Menschen glauben, dass die Dinge anders laufen würden, ist eine interessante Frage. Aber die Kontrolle der Inflation durch „jawboning“ ist oder kann zumindest unter bestimmten Umständen wirksam werden, hält DeLong fest.
PS: Die Schweizerische Nationalbank (SNB ) macht von „moral suasion“ als wichtiges Instrument Gebrauch. Die Geschichte zeigt, dass Rezessionen, die von einer Finanz- und Immobilienkrise ausgehen, länger und tiefer verlaufen als andere Rezessionen. Die Schweizer Notenbanker sind sich daher bewusst, dass eine lange Phase mit sehr tiefen Zinsen und ein intensiver Wettbewerb im Hypothekarbereich zu „Fehlentwicklungen auf breiter Front“ führen können. Die Mitglieder des SNB -Direktoriums versuchen deshalb mit Vorträgen, Veröffentlichungen und Veranstaltungen die Öffentlichkeit für Themen, die gerade aktuell sind, wie z.B. das „Wachstum der Hypotheken und der Immmobilienpreise“ zu sensibilisieren. Die SNB verfolgt das Ziel, mit gütlichem Zureden eine mögliche Immobilienblase in der Schweiz zu verhindern.
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