Die Idee, dass ein gut funktionierendes Finanzsystem eine wesentliche Rolle bei der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung spielt, geht bis auf Bagehot (1873) und Schumpeter (1911) zurück, schreiben Jean-Louis Arcand, Enrico Berkes und Ugo Panizza in einem interessanten Essay („Too much finance?“) in voxeu. Die aktuelle Krise hat jedoch Bedenken aufkommen lassen, dass einige Länder Finanzsysteme haben, die im Vergleich zur Grösse der heimischen Wirtschaft „zu gross“ sind. Martin Wolf weist darauf hin, dass der US-Finanzsektor in den letzten drei Jahrzehnten sechsmal schneller gewachsen ist als das nominal BIP. Er argumentiert, dass mit einer Situation, in der das Finanzwesen Gebieter der Wirtschaft geworden ist als Diener, etwas nicht stimmen kann. Dani Rodrik fragt, ob es Anhaltspunkte gibt, dass finanzielle Innovation unser Leben „messbar und eindeutig besser“ gemacht hat. Die Idee, dass es einen Schwellenwert gibt, ab dem die finanzielle Entwicklung negative soziale Renditen abwirft, ist nicht neu. Minsky (1974) und Kindleberger (1978) haben in mehreren Forschungsstudien den Zusammenhang zwischen finanzieller und makroökonomischer Volatilität hervorgehoben.
Neben steigender Volatilität kann ein grosser Finanzsektor auch zu einer suboptimalen Allokation von Talenten führen. Tobin (1984) hat z.B. nahegelegt, dass die sozialen Erträge des Finanzsektors niedriger sind als die privaten Erträge. Er befürchtete, dass ein grosser Finanzsektor den produktiven Sektoren der Wirtschaft Talente „stiehlt“ und daher aus Sicht der Gesellschaft ineffizient ist.
Die Autoren haben herausgefunden, dass der Grenzeffekt der finanziellen Entwicklung auf das Wirtschaftswachstum negativ wird, wenn Kredit an den privaten Sektor 110% des BIP übersteigt. Das Ergebnis sei überraschend konsistent mit verschiedenen Typen von Schätzwerten (einfache Regressionen und semi-parametrische Schätzungen) und Daten (Länder-Level und Industrie-Niveau), betonen Arcand, Berkes und Panizza.
Fazit: Die Autoren glauben, dass ihre Forschungsergebnisse potenziell wichtige Implikationen für die finanzielle Regulierung haben. Die Finanzindustrie klagt zwar, dass die Eigenkapitalanforderungen gemäss Basel III negative Effekte auf die Bankgewinne ausüben und zu einer Kontraktion der Kredite mit negativen Folgen für die Wirtschaft führen werden. Aber es ist keineswegs sicher, dass höhere Eigenkapitalquoten die Rentabilität reduzieren, unterstreichen die Ökonomen. Strengere Kreditrichtlinien sind wünschenswert, halten Arcand (Geneva), Berkes (IMF) und Panizza (UNCTAD) fest.
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