Montag, 18. Februar 2013

EU-Kommission und Vertrauen-Fee


Olli Rehn ist der Kommissar für Wirtschaft und Währung in der EU-Kommission. Der finnische Politiker hat in den vergangenen Jahren ständig herum erzählt, dass die Austeritätspolitik der EU funktioniere und die Eurozone gerade dabei sei, sich zu erholen.

In Wahrheit steckt die Eurozone seit dem dritten Quartal im Jahr 2011 in Rezession und der Abschwung vertieft sich weiter. Eurostat hat vergangene Woche mitgeteilt, dass die reale Wirtschaftsleistung (BIP) im vierten Quartal 2012 um 0,6% geschrumpft ist.

Olli Rehn hat neulich einen Brief an die Finanzminister der EU und Christine Lagarde, die IMF-Geschäftsführerin geschickt, wie Karl Whelan in einem lesenswerten Artikel (“Olli’s Follies: Is Debate About Fiscal Multipliers Unhelpful?”)  in Forbes berichtet.

Worum geht es im Schreiben? Ist Rehn besorgt über die anhaltende Rezession? Macht sich das Mitglied der EU-Kommission Sorgen über die hohe Arbeitslosigkeit? Nein. Wie es sich herausstellt, ist Rehn bekümmert, dass die –IWF-Volkswirte über Fiskal-Multiplikatoren forschen.

Letztes Jahr hat IWF-Chefökonom Olivier Blanchard in Zusammenarbeit mit Daniel Leigh eine Arbeit („Growth Forecast Errors and Fiscal Multipliers)“ über die Auswirkungen der Austeritätspolitik veröffentlicht. In der Forschungsarbeit werden IWF-Prognose-Fehler für das BIP-Wachstum in den vergangenen Jahren im Hinblick auf die Haushaltskonsolidierung untersucht.


Wachstumsraten des BIP EU27 und Euro-Raum, Graph: eurostat, Febr 14, 2013


Das Ergebnis: Es gibt eine negative Korrelation zwischen Haushaltskonsolidierung und Wachstum-Prognose-Fehler. Die Schlussfolgerung: Die Fiskal-Multiplikatoren müssen während der Finanzkrise grösser gewesen sein als bisher angenommen. M.a.W. hat die Austeritätspolitik viel mehr negative Auswirkungen als der IWF an der Stelle einschätzt hat, wie an der University College Dublin lehrende Wirtschaftsprofessor festhält.

Olli Rehn ist nicht glücklich darüber, dass diese Forschungsarbeit veröffentlicht worden ist, weil sie der Debatte nicht nützlich ist, weil damit das Risiko eingegangen werde, dass das Vertrauen untergraben wird, welches die EU-Kommission in den vergangen Jahren versucht habe, aufzubauen.

Glaubt Rehn wirklich daran, dass die EU-Finanzminister, seit die Wirtschaft in Rezession steckt, Vertrauen aufbilden?

Rehns erste Kritik richtet sich in erster Linie nach dem Ergebnis der Forschungsarbeit, dass die tatsächliche Höhe der Haushaltskonsolidierung grösser gewesen ist als geplant, sodass die zitierte Studie die Fiskal-Multiplikatoren überzeichne. Auf den Seiten 13 und 14 gibt es eine ausführliche Diskussion über diese Frage und die Schlussfolgerung lautet, dass die gegenwärtige Haushaltskonsolidierung im Durchschnitt weder kleiner noch grösser ist als erwartet, wie Whelan hervorhebt.

Rehns zweite Kritik rührt daher, dass der grösste Wachstumsausfall im Jahr 2010 deswegen geschehen ist, weil viele Länder immer noch vorübergehend Fiscal Stimulus (Konjunkturprogramme) implementierten. Die Forschungsarbeit von Blanchard und Leigh zeigt aber, dass es eine starke negative Beziehung zwischen Haushaltskonsolidierung und Wachstums-Prognose-Fehler gibt, für 2011 und 2012.

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