Seit
die japanische Regierung von Shinzo Abe mit allem Nachdruck angekündigt hat, die easy-money-Politik nach Kräften
fortzufahren, um die export-orientierte Wirtschaft des Landes anzukurbeln,
werden Erinnerungen an Anfang der 1930er Jahre wach gerüttelt. Da der Yen sich
in den vergangenen Wochen wesentlich abgewertet hat, befürchten einige
Marktbeobachter einen erneuten Abwertungswettlauf der Währungen wie damals in
den 1930er Jahren. Die Rede ist öfters von „currency wars“.
Was
hat sich aber damals abgespielt? Der Hintergrund der „Währungskriege“ waren der Goldstandard und Great Depression, berichtet Manoj Pradhan von Morgan Stanley in einer dieser Woche vorgelegten Forschungsarbeit
(„Back to the 1930s?“). Der Wert
einer Währung war am Preis des Goldes gekoppelt. Der Goldstandard hatte die
Aufgabe, die Ländern daran zu hindern, zu viel Geld zu schaffen.
Am
19. September 1931 hat Grossbritannien
den Goldstandard aufgegeben. Das Pfund Sterling hat abgewertet, nicht nur gegen
das Gold, sondern auch gegenüber „gold
bloc“-Währungen. Kurz davor war in Deutschland und Österreich im Juni bzw.
Juli 1931 jeweils eine bekannte Bank pleite gegangen. Deutschland hat darauf
hin Kapitalkontrollen eingeführt, um die eigene Wirtschaft zu schützen.
Am
29. September 1931 haben auch Norwegen,
Schweden und einen Tag später Dänemark den Goldstandard verlassen.
Die US-Wirtschaft hat genau so wie die Volkswirtschaften der anderen „gold
bloc“-Länder an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Im Januar 1934 hat der US-Kongress den „ Gold Reserve Act“ verabschiedet. Das Gold der Banken wurde
verstaatlicht. Und der US-Dollar hat sich gegenüber dem Gold abgewertet. Die
Länder wie Deutschland und Frankreich und andere, die am Goldstandard festhielten,
erlitten einen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit. Das Export-Geschäft kam zum
Erliegen und die Industrieproduktion ist eingebrochen.
Early Movers
Benefit, Graph: Manoj Pradhan, Morgan Stanley
Pradhan
zieht mindestens drei Lehren daraus: (1)
Die Ursache waren v.a. binnenwirtschaftliche Herausforderungen. Der Haupttreiber
der Sterling-Abwertung war die schmerzhaft hohe Arbeitslosigkeit in
Grossbritannien. (2) Mit der
Abwertung der Währungen hat sich der Druck der damals vorherrschenden
Unsicherheit auf die Märkte und die Volkswirtschaften in Richtung
„gold-bloc“-Länder verlagert. (3)
Diejenigen Länder, die den Goldstandard als erste aufgaben, haben vom „beggar-thy-neigbour“-Ergebnis
profitiert, auf Kosten der „gold-bloc“-Volskwirtschaften.
In
der Abbildung ist deutlich zu sehen, wie Grossbritannien und die
skandinavischen Länder ihre Wettbewerbsfähigkeit wesentlich verbessert und wie
Deutschland und Frankreich unter einem Rückgang der Produktion gelitten haben.
Könnte
so etwas auch heute geschehen? Es gibt Differenzen und Ähnlichkeiten. Was heute unterschiedlich ist, dass es keinen
Goldstandard gibt. Die meisten wichtigsten Währungen sind heute Teil eines
flexiblen Wechselkurs-Systems, was solch grosse Wechselkursentwicklungen weniger
wahrscheinlich macht. Ausserdem haben sich extreme Tail-Risks inzwischen
zurückgebildet.
Was
sind die Ähnlichkeiten? Zum Beispiel binnenwirtschaftliche Gründe und „Beggar-thy-neighbour“-Effekte. Die
schmerzhaft hohe Arbeitslosigkeit in Grossbritannien ein wichtiger Grund, den
Goldstandard aufzugeben. Der Abwertungswettlauf, der folgte, war eine Reaktion
der politischen Entscheidungsträger darauf, um die eigene Wirtschaft von
schädlichen Auswirkungen des Goldstandard zu schützen.
Fazit: Der Ökonom von Morgan Stanley rechnet nicht mit einem globalen
„Währungskrieg“.
Barry Eichengreen sagte neulich in einem lesenswerten Interview („Wir brauchen mehr Inflation“) mit Finanz & Wirtschaft: Wenn das,
was wir heute sehen, ein Währungskrieg ist, dann kann ich nur sagen: Gut so,
wir brauchen mehr davon. Die Zentralbanken müssen alles in ihrer Macht Stehende
unternehmen, um die schwache Erholung der Wirtschaft zu unterstützen“.
Der
an der University of California,
Berkeley lehrende Wirtschaftsprofessor fügt hinzu, dass die Bank of Japan (BoJ) dafür gelobt werden soll, wenn sie
sich jetzt ein festes Inflationsziel von 2% setzt.
Die
heutige Situation ist vergleichbar mit den früheren Dreissigerjahren, als ein
Land nach dem anderen den Goldstandard verliess und seine Währung abgewertete,
betont Eichengreen weiter. Denn es war in
der Summe nützlich. Die Abwertungen kamen auf globaler basis einem massiven
geldpolitischen Stimulus gleich, was massgeblich dazu beitruf, die
Weltwirtschaft endlich aus der Depression zu hieven, erklärt Eichengreen.
Problematisch
war natürlich das Verhalten von Deutschland und Frankreich, die am Goldstandard
länger festhielten und ihre Wirtschaft mit Handelsschranken und
Kapitalverkehrskontrollen zu schützen versuchten, wie der Ökonom, der sich mit
der Grossen Depression intensiv befasst hat, zum Ausdruck bringt.
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