Freitag, 8. Februar 2013

Es ist nicht der Zeitpunkt für Austerität


John Boehner, der Sprecher des Repräsentantenhauses behauptet, verärgert zu sein: „Irgendwann muss Washington sein Ausgaben-Problem anpacken“. Er beobachte seit 22 Jahren, seit er dabei sei, wie Washington das Problem aussitzen wolle. Er habe es satt. Es sei Zeit, zu handeln.

Es ist zwar richtig, dass wir wahrscheinlich eine Kombination aus Einnahmenerhöhungen und Ausgabenkürzungen brauchen, um das Wachstum der US-Staatsschulden in Schranken zu halten. Aber es ist jetzt nicht die Zeit, zu handeln, schreibt Paul Krugman dazu in seiner lesenswerten Kolumne („Kick That Can“) am Freitag in NYTimes. „Angesichts der Lage, in der wir stecken, wäre es unverantwortlich und zerstörerisch, das Problem nicht aussitzen zu wollen“, bemerkt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.

Krugman beginnt mit einem grundlegenden Punkt: Kürzung der Staatsausgaben vernichtet Arbeitsplätze und führt zur Schrumpfung der Wirtschaft. Das ist in der Tat keine umstrittene Aussage. Auch die Republikaner geben zu, wenn auch selektiv, dass Ausgabenkürzungen die Beschäftigung beeinträchtigen. So hat John McCain Anfang dieser Woche davor gewarnt, dass die geplanten Verteidigungsausgaben den Verlust von einer Million Arbeitsplätzen (siehe dazu „weaponized Keynesianism“) verursachen würden.

Müssen wir jetzt in den sauren Apfel beissen? Die Antwort ist nein, hebt Krugman hervor. Im Angesicht der wirtschaftlichen Lage ist es eindeutig eine schlechte Zeit für die Austerität.

Eine Möglichkeit, dies einzusehen ist, die heutige wirtschaftliche Situation mit der grossen Zerschlagung der Militärausgaben in den späten 1980er jahren und den frühen 1990er Jahren zu vergleichen, nach dem Ende des Kalten Krieges, legt Krugman dar. Diese Ausgabenkürzungen haben Arbeitsplätze vernichtet. Auf nationaler Ebene wurden die Auswirkungen jedoch durch die Geldpolitik aufgeweicht.


Anteil der Staatsschulden, der von der Öffentlichkeit getragen wird, als Prozent an der Wirtschaftsleistung (BIP), Graph: Prof. Paul Krugman

Heute dagegen erleben wir die Nachwirkungen der schlimmsten Finanzkrise seit der Grossen Depression und die Fed hat die Zinsen, in ihren Bemühungen zur Bekämpfung der Krise, bereits so weit wie möglich gesenkt, nämlich bis auf die Null-Grenze (zero lower bound). Die Fed kann also die zerstörerischen Auswirkungen der Ausgabenkürzungen nicht abstumpfen. Der Punkt ist also, dass es heute nicht der Zeitpunkt ist, zu handeln. Die Fiscal Austerity sollte warten, bis die Wirtschaft sich erholt hat.


Effective Fed Funds Rate und die Konsum- und Investitionsausgaben der öffentlichen Hand als Anteil am BIP, Graph: Prof. Paul Krugman

Stehen wir aber nicht einer Fiskal-Krise gegenüber? Nein. Die mittelfristige Prognosen, wie die 10-Jahres-Projektionen, die das CBO (Congressional Budget Office) am Dienstag veröffentlicht hat, sind eindeutig nicht alarmierend, hält Krugman fest.

Realistisch gesehen werden die USA die langfristigen fiskalischen Probleme nicht demnächst lösen können, was laut Krugman OK ist, nicht ideal, aber dadurch würde nichts Schreckliches passieren.

Unterdessen stehen wir einem drohenden schweren wirtschaftlichen Schaden durch die kurzfristigen Ausgabenkürzungen gegenüber, erklärt Krugman weiter. Der Schaden sollte also abgewendet werden, indem man das Problem aussitzt. Es ist verantwortlich, so zu handeln, fasst Krugman als Fazit zusammen.

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