In
der aktuellen Debatte über die Geldpolitik fallen zwei Begriffe auf: „printing money“ und „helicopter money“.
Es
ist irreführend, die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative
easing) als „printing money“ (Geld
drucken) zu bezeichnen, weil die Menge an Geld im Besitz der Öffentlichkeit von
der Nachfrage bestimmt wird.
Wenn
z.B. die Bank of England (BoE) QE-Politik betreibt, kauft sie Staatspapiere an,
und schreibt der Bank, die die Papiere verkauft, den entsprechenden Betrag gut.
Die Notenbankgeldmenge (base money)
steigt in Form von Bankeinlagen bei der BoE an. Aber die Nachfrage nach Geld ändert
sich damit nicht. Es gibt also keinen Anlass, Geld zu drucken, wie Stephen Grenville in einem lesenswerten
Artikel („Helicopter Money“) in voxeu erklärt.
Eine
einzelne Bank mit Überschussreserven bei der BoE mag versuchen, die überschüssigen Einlagen (excess deposits)
durch Kreditvergabe oder Ankauf von Vermögenswerten zu verringern. Aber was
immer auch eine einzelne Bank macht, bleibt die Notenbankgeldmenge (= Noteumlauf
+ Giroguthaben der Banken bei der Zentralbank) unverändert.
Es
ist ferner irreführend, davon zu reden, dass die Zentralbank per Helicopter Geld
auf die eifrige Öffentlichkeit wirft. Die Regierungen können dies tun, wenn sie
z.B. Bargeld oder besser gesagt Schecks ausschreiben und verteilen. Aber das
ist Fiskalpolitik, nicht Geldpolitik.
Zentralbanken haben keinen Auftrag, das Geld einfach herzugeben. Sie können nur
einen Vermögenswert gegen einen anderen tauschen, wie es mit QE geschieht.
Deswegen
gibt es Uneinigkeit darüber, wie wirksam es wäre, die Nachfrage anzukurbeln. Es
sei denn, es gibt crowding-out (Verdrängung
privater Kreditnehmer durch die Kreditaufnahme der öffentlichen Hand) oder Ricardianische Äquivalenz (siehe in
diesem Blog hier
und hier),
was aber sehr unwahrscheinlich ist, wegen der nicht-ausgelasteten Kapazitäten
(Produktionslücke) in der Wirtschaft und der Zinsen auf der Null Grenze (zero lower bound).
Wenn
die Sorge besteht, dass die gewöhnliche Finanzierung durch Anleiheemissionen
die Zinssätze durch die Decke schiessen lassen würde oder die Finanzmärkte die
Bond Vigilantes auf den Plan riefen, könnte die Zentralbank das Defizit so
finanzieren, dass sie Anleihen auf die eigene Bilanz aufnimmt und den
entsprechenden Betrage der Regierung gutschreibt. Das ist eine QE-Massnahme,
obwohl die Initiative von der Regierung ausgehen dürfte, wie Grenville darlegt.
Wer
trägt aber die Kosten für die Finanzierung des Haushaltsdefizits?
Wenn
die Regierung auf ihr Konto bei der Zentralbank Schecks ausschreibt und sie an
die Öffentlichkeit verteilt (cash splash),
werden die Schecks auf Banken einbezahlt. Auch in der Fantasy-Welt von Helicopter Money landet also das Geld
schliesslich bei Banken als Einlage, da die Öffentlichkeit bereits das Geld hat,
welches sie halten will.
Das
Bankensystem hat nun weitere Einlagen von der Öffentlichkeit auf seiner
Passivseite (Verbindlichkeiten) und die Zentralbank hat mehr Einlagen auf der
Aktivseite. Das Haushaltsdefizit wird damit so finanziert, dass die Banken
gezwungen werden, mehr Base Money (Geldbasis)
zu halten.
Mit
diesem Ansatz wird also ein Anstieg der öffentlichen Verschuldung nicht
vermieden. Wenn die Zentralbank die Einlagen verzinst, dann wird damit sogar
keine Finanzierungskosten gespart. Wenn die Zentralbank die Verzinsung der
Giroguthaben der Banken einstellt, würden damit die Finanzierungskosten des
Defizits gekürzt. Aber es wäre de-facto eine Bankensteuer, argumentiert Grenville.
Es
gibt m.a.W. feine Unterschiede zwischen einer Defizit-Finanzierungsmassnahme
und der QE-Politik. Die Zentralbanken beschliessen, wann QE-Politik angebracht
ist und wie viel, während eine offene monetäre Finanzierung eine gemeinsame
Entscheidung mit der Regierung einschliesst.
Damit
wird die Frage der politischen Unabhängigkeit einer Zentralbank angeschnitten.
Die Fähigkeit, der Regierung „nein“ zu sagen, das Defizit zu finanzieren, ist
eine wichtige Disziplin im Hinblick auf die Staatsausgaben. Es mag unterschiedliche
Verständnisse in den Finanzmärkten geben, was die Abwicklung dieser Massnahmen
betrifft. Aber es ist klar, dass die QE irgendwann abgewickelt wird, was im
Fall von monetärer Finanzierung nicht eindeutig ist.
PS: Zum Thema passend in diesem
Blog ein älterer Eintrag:
„Druckt die Fed nun Geld oder nicht?“
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