Wäre es nicht schön, wenn es einen Weg gäbe, um die
Banken sicherer, gesünder und fähig zu machen, mehr Kredite zu verleihen? Ja,
es gibt einen Weg: Eigenkapital.
Wenn die Banken weniger stark verschuldet wären und
sich mehr auf das nicht-geliehene Geld, d.h. auf das Eigenkapital (equity oder capital), verlassen würden, um Kredite und sonstige Aktiva zu
finanzieren, könnten sie es vermeiden, in finanzielle Schwierigkeiten zu
geraten. Sie wären besser in der Lage, weiterhin Kredite zu vergeben. Und das
Finanzsystem wäre weniger zerbrechlich, schreiben Anat Admati und Martin
Hellwig in einem lesenswerten Artikel („The
Case Against Banking’s Case for Less Capital“) in Bloomberg.
Doch die Banker bekämpfen die Regulierung, die
verlangt, dass sie mehr Eigenkapital aufbringen. Sie behaupten routinemässig,
dass mehr Eigenkapital zu haben, die Eigenkapital-Rentabilität verringern würde.
Eine niedrigere Rendite würde, sagen sie, ihren Aktionären schaden und
Investitionen in ihre Aktien im Vergleich zu anderen Branchen unattraktiv
machen. Das Urteil scheint zu sein, dass die Gesellschaft sich um die
Eigenkapitalrentabilität der Banken sorgen müsste, es sei denn, ein
spezifischer Ertrag würde an die Aktionäre der Banken geliefert. Ansonsten
leiden wir alle. Diese Argumentation ist grundfalsch, heben die Autoren hervor.
Die Fokussierung auf Return on Equity (ROE) ist tief in der Kultur der Banken
eingebettet. Die Vorstellung ist falsch. Wenn eine Bank in einem Jahr eine
niedrige Rendite auf ihre Investitionen bringt, ist die ROE in der Tat höher,
wenn die Bank mehr Eigenkapital hat.
Auch wenn die durchschnittliche EK-Rendite geringer
ist, wenn eine Bank mehr Eigenkapital hat, müssen die Aktionäre davon keine
Nachteile tragen. An den Finanzmärkten können Erträge nicht bewertet werden,
ohne das eingegangene Risiko mitzuberücksichtigen. Und das Risiko für die
Aktionäre wird direkt von der Höhe des Eigenkapitals (EK) betroffen.
Die Banker mögen selbst davon profitieren, wenn sie
eine höhere EK-Rendite anstreben, aber sie belasten damit die Aktionäre, indem
sie sie dem Risiko aussetzen, ohne sie dafür angemessen zu kompensieren,
argumentieren Admati
(Standford University) und Hellwig (Max Planck Institute).
The Bankers‘ New Clothes: What’s Wrong
with Banking and What to Do about It. Princeton University Press, 2013.
Wenn die Banken stark Fremdkapital aufnehmen, erhöhen
sie das Risiko für die Aktionäre, Gläubiger und das gesamte Finanzsystem. Und
sie fügen damit der Wirtschaft Schaden zu und belasten Steuerzahler. Für die
Banker mögen daraus, wenn sie stark mit Fremdmitteln arbeiten, fette Boni
winken, wenn das Risikogeschäft aufgeht, oder die Risiken sich für eine Weile
nicht materialisieren und hohe Gewinne eingestrichen werden können, ohne dafür bestraft
zu werden.
Um die Mechanik der ROE zu verstehen, bieten die
Autoren das folgende Beispiel mit einer Haus-Hypothek an:
Die Kate kauft sich ein Haus zu 300‘000 $ und zahlt 4%
auf ihre Hypothek. Zur Vereinfachung nehmen wir an, dass sie am Ende des Jahres
alle Zinsen und die Kreditsumme zurückzahlt und zu diesem Zeitpunkt das Haus
weiterverkauft.
Fall (1): Wenn sie 30‘000 $ EK einsetzt:
EK=30‘000 $ und FK=270‘000 $
4% Zinsen machen 10‘800 $ aus und sie schuldet am Ende
des Jahres 10‘800+270‘000= 280‘800 $ auf ihre Hypothek.
Wenn sie das Haus zu 345‘000 $ verkauft (d.h. mit
einem Wertzuwachs von 15%), hat sie am Schluss nach der Tilgung des Kredits und
der Zinszahlungen (345‘000-280‘800=) 64‘200 $. Das bedeutet einen Ertrag von
(64‘200-30‘000=) 34‘200 $.
Das heisst eine ROE von 114%.
Fall (2): Wenn sie 60‘000 $ EK einsetzt:
EK=60‘000 $ und FK= 240‘000 $
4% Zinsen machen 9‘600 $ aus und sie schuldet am Ende
des Jahres 9‘600+240‘000=249‘600 $ auf ihre Hypothek.
Wenn sie das Haus zu 345‘000 $ verkauft (d.h. mit
einem Wertzuwachs von 15%), hat sie am Schluss nach der Tilgung des Kredits und
der Zinszahlungen (345‘000-249‘600=) 95‘400 $. Das bedeutet einen Ertrag von
(95‘400-60‘000=) 35‘400 $.
Das heisst eine ROE von 59%.
Fazit: Wenn sie mehr EK einsetzt, hat sie weniger (59% <
114%) ROE. Der Leverage funktioniert
nach oben wunderbar, wenn die Erträge, die mit dem Fremdkapital (FK) erzielt
werden, höher sind als die Kosten des Fremdkapitals.
Es gibt aber einen Haken. Was passiert, wenn der Wert des Hauses sinkt? Dann muss das EK der Kate nach der Tilgung des Kredites mehr
Verluste absorbieren.
Wenn z.B. der Hauswert um 5% auf 285‘000 $ fällt. In
Fall (1), wenn die Kate ein EK von 30‘000 $ eingesetzt hat, ergibt sich eine
ROE von minus 86%. Mit anderen
Worten verliert sie 86% ihrer Investition.
Im Fall (2), wenn sie ein EK von 60‘000 $ einsetzt,
hat sie am Schluss 35‘400 $. Das heisst, dass sie 41% verliert. Die ROE beträgt
nämlich minus 41%. Die ROE ist mit
mehr EK höher, nicht weniger. Die ROE ist mit mehr EK immer höher, wenn der Wert des Hauses weniger als 4% für die Kreditzinsen zunimmt.
Der Einsatz des Fremdkapitals (leverage) verstärkt den Ertrag nach oben und nach unten. Es
vergrössert das Risiko für jeden investierten Dollar. Der Kreditnehmer behält
den Gewinn, solange das FK bezahlt wird. Aber auf der Kehrseite, mit weniger
EK, bedarf es nicht viel, um das ganze EK auszulöschen. Auch wenn der Wert des Hauses um 5% abnimmt, hat die Kate am Schluss fast kein EK mehr. Fällt der Wert des Hauses unter 280‘800 $, hat die Kate im Fall (1), wo sie ein EK von 30‘000 $ einsetzt,
am Schluss kein EK mehr.
Dasselbe gilt auch für Unternehmen und insbesondere
für die Banken, die Fremdkapital aufnehmen. Wenn ein Unternehmen mehr EK verwendet, ergibt
sich am Schluss eine niedrigere ROE in guten Zeiten, wenn die Vermögenswerte
mehr Rendite als der FK-Zins abwerfen. Aber die Verluste und die ROE werden
grösser, wenn die Rendite der Vermögenswerte zurückbleibt, um die FK-Zinsen zu
decken.
Mehr EK und weniger FK verringern die
durchschnittliche ROE der Bank. Aber ein Rückgang der ROE bedeutet nicht, dass
die Aktionäre geschädigt werden. Wo die Aktionäre weniger Rendite bekommen,
tragen sie auch weniger Risiken. Infolgedessen erfordern sie weniger Rendite
als Entschädigung für das Tragen von Risiken.
Das Buch
dazu:
Anat Admati & Martin
Hellwig: The Bankers‘ New Clothes: What’s Wrong with Banking and What to Do
about It. Princeton University Press, February, 2013.
1 Kommentar:
Interessant wäre jetzt der Grenzzinssatz in dem für Fall (1) schon Verlust gemacht wird und im Fall zwei noch Gewinn (2)...
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