Miles Kimball schreibt in seinem Blog, dass Paul Krugman nicht verstehe, was mit Italiens Wirtschaft nicht stimme.
Kimball
stützt sich dabei auf die von Carmen
Reinhart und Kenneth Rogoff im Buch „This Time is Different“ vertretene These
(„Debt Overhangs: Past and Present“)
ab, dass die Staatsverschuldung ab einem gewissen Punkt sehr teuer zu stehen
kommen kann.
Reinhart
und Rogoff vertreten die Meinung, dass das Wachstum einer Volkswirtschaft sich
markant verlangsamt, wenn die Schudenstandsquote (debt-to-GDP ratio) 90% des
BIP überschreitet.
Kimball
unterstreicht vor diesem Hintergrund, dass die Staatsverschuldung in
Grossbritannien 98% und in Italien 120% des BIP ausmacht. Er könne daher
Krugman nicht folgen, wie dieser mehr Stimulus bzw. erhöhte Staatsausgaben fordern könne, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anzukurbeln.
Krugman
wartet nicht lange und antwortet in seinem Blog darauf: „Was soll ich nicht verstanden haben? Es geht um einen
anderen Aufruf von Reinhart & Rogoff, dass schlimme Sachen passieren, wenn
die Verschuldung die 90% Marke im Vergleich zum BIP überspringt".
Es
handelt sich dabei nicht um ein etabliertes Ergebnis, sondern um eine
Korrelation, die genauso gut einen Weg vom langsamen Wachstum hin zur hohen Verschuldung
reflektieren oder auf dritte Faktoren wie institutionelle Dysfunktion in Sachen Wachstum und hohe Verschuldung hindeuten könnte, legt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises dar.
Die
90%-Marke ist nicht bewiesen, Graph: Mike
Konczal in Next New Deal
Die
letzte Möglichkeit wird besonders überzeugend, wenn man sich die vollständige
Liste der Industrieländer ansieht, die in den vergangenen 50 Jahren die
90%-Marke überschritten haben: Japan, Italien, Belgien, Griechenland.
Japan
und Italien hatten hohe Schulden und ein langsames Wirtschaftswachstum. Will
man nun wirklich sagen, dass die Verschuldung der einzige Grund für das
langsame Wirtschaftswachstum gewesen ist? Oder dass die Verlangsamung des
japanischen Wirtschaftswachstums in den 1990er Jahren keine Rolle für den
Anstieg der Schulden gespielt hat?
Will man wirklich sagen, dass die
Verschuldung der einzige Grund für die schlechte Performance der italienischen
Wirtschaft ist? Wenn die Antwort darauf nein ist, dann hat man damit gesagt,
dass man an die Ergebnisse von Reinhart & Rogoff nicht glaubt, hält Krugman
fest.
Warum
stellen sich die Leute vor, dass es ein definitives Ergebnis ist? Das ist
offensichtlich. Die These von Reinhart & Rogoff in Bezug auf die
Verschuldung wurde schon früh von Defizit-Schimpfern übernommen, weil sie besagt,
was sie gern hören wollen, erklärt Krugman. Dann wurde daraus Orthodoxie v.a.
durch den sog. Scarborough-Effekt: Very Serious People hören von anderen Very
Serious People, wie angebliche Feststellungen zitiert werden, die dann ständig
wiederholt werden. Und am Schluss glauben alle daran, als ob es wahr wäre.
Fazit: Daran zu glauben, dass die
90%-Marke ein definitives Ergebnis ist, ist eine Zombie-Idee. Und
professionelle Ökonomen sollten es zumindest besser wissen.
Auch Dean Baker bemerkt in seinem Blog dazu, dass es wirklich
unmöglich ist, Ursache-Wirkung zu entwirren. Die Länder, die eine
Schuldenstandsquote über 90% des BIP hatten, hatten andere grosse Probleme,
welche wahrscheinlich auf dem Wirtschaftswachstum lasteten, auch wenn sie keine
hohe Schulden gehabt hätten.
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