Joseph Stiglitz nimmt in einem lesenswerten
Meinungsartikel („Equal Opportunity, Our
National Myth“) am Sonntag in NYTimes Stellung zu der zweiten Amtsantrittsrede des Präsidenten Obama im
Hinblick auf Amerikas Engagement für den Traum von Chancengleichheit.
Die
Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit könnte kaum breiter sein. Heute haben
die Vereinigten Staaten weniger Chancengleichheit als fast jedes andere hoch
industrialisierte Land. Studie nach Studie wird der Mythos dargelegt, dass
Amerika ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist. Dies ist besonders
tragisch. Es gibt nahezu einen universellen Konsens darüber, dass die Ungleichheit
der Chancen unhaltbar ist, bemerkt der an der Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor.
Wie
ist es zu erklären? Einiges davon hat mit der anhaltenden Diskriminierung zu
tun. Natürlich gibt es andere Kräfte im Spiel, wovon einige mit der Geburt zur Entfaltung
kommen. Kinder in wohlhabenden Familien finden mehr Beachtung in Sachen Lesen
und weniger in Sachen Gefahren aus dem Umfeld. Ihre Familien können es sich leisten, die
Erfahrungen wie Musikunterricht und Sommerlager zu bereichern. Die Kinder
bekommen bessere Ernährung und Gesundheitsfürsorge, was dazu beiträgt, dass sie
besser lernen, direkt und indirekt, beschreibt der ehemalige Wirtschaftsberater
des Präsidenten Clinton.
In
einigen Fällen scheint es so zu sein, als ob die Politik tatsächlich so
gestaltet wäre, um die Gleichheit zu verringern: staatliche Unterstützung für
viele öffentliche Schulen werden stetig gekürzt, insbesondere in den letzten
Jahren. Unterdessen werden die Studenten unter dem riesigen Kredit-Schuldenberg
niedergedrückt, welcher unmöglich zu entlasten ist, sogar auch nicht mit
Konkurs. Dies geschieht zum selben Zeitpunkt, wo eine College-Ausbildung
wichtiger denn je ist, für jeden, einen guten Job zu finden, erläutert der
Träger des Wirtschaftsnobelpreises.
Und
es ist zunehmend so, dass auch nicht ein College-Abschluss nicht ausreicht: man
braucht entweder einen Hochschulabschluss oder eine Reihe von (oft unbezahlten)
Praktika. Diejenigen auf der Spitze haben Verbindungen und Sozialkapital, um
solche Möglichkeiten wahrzunehmen. Diejenigen in der Mitte und unten nicht. Der
Punkt ist, dass niemand es auf seine oder ihre Art schafft. Und diejenigen auf
der Spitze bekommen mehr Hilfe von ihren Familien als diejenigen auf der Leiter
unten. Der Staat sollte helfen, Chancengleichheit zu schaffen.
Amerikaner erkennen
allmählich, dass ihre lieb-gewonnene Darstellung von sozialer und
wirtschaftlicher Mobilität ein Mythos ist. Ohne wesentlichen Politikwechsel
werden unser Selbstbild und das Bild, das wir von der Welt haben, schmälern,
fasst Stiglitz zusammen.
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