Montag, 18. Februar 2013

Wie der Traum von Chancengleichheit verdampft


Joseph Stiglitz nimmt in einem lesenswerten Meinungsartikel („Equal Opportunity, Our National Myth“) am Sonntag in NYTimes Stellung zu der zweiten Amtsantrittsrede des Präsidenten Obama im Hinblick auf Amerikas Engagement für den Traum von Chancengleichheit.

Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit könnte kaum breiter sein. Heute haben die Vereinigten Staaten weniger Chancengleichheit als fast jedes andere hoch industrialisierte Land. Studie nach Studie wird der Mythos dargelegt, dass Amerika ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist. Dies ist besonders tragisch. Es gibt nahezu einen universellen Konsens darüber, dass die Ungleichheit der Chancen unhaltbar ist, bemerkt der an der Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Wie ist es zu erklären? Einiges davon hat mit der anhaltenden Diskriminierung zu tun. Natürlich gibt es andere Kräfte im Spiel, wovon einige mit der Geburt zur Entfaltung kommen. Kinder in wohlhabenden Familien finden mehr Beachtung in Sachen Lesen und weniger in Sachen Gefahren aus dem Umfeld. Ihre Familien können es sich leisten, die Erfahrungen wie Musikunterricht und Sommerlager zu bereichern. Die Kinder bekommen bessere Ernährung und Gesundheitsfürsorge, was dazu beiträgt, dass sie besser lernen, direkt und indirekt, beschreibt der ehemalige Wirtschaftsberater des Präsidenten Clinton.

In einigen Fällen scheint es so zu sein, als ob die Politik tatsächlich so gestaltet wäre, um die Gleichheit zu verringern: staatliche Unterstützung für viele öffentliche Schulen werden stetig gekürzt, insbesondere in den letzten Jahren. Unterdessen werden die Studenten unter dem riesigen Kredit-Schuldenberg niedergedrückt, welcher unmöglich zu entlasten ist, sogar auch nicht mit Konkurs. Dies geschieht zum selben Zeitpunkt, wo eine College-Ausbildung wichtiger denn je ist, für jeden, einen guten Job zu finden, erläutert der Träger des Wirtschaftsnobelpreises.

Und es ist zunehmend so, dass auch nicht ein College-Abschluss nicht ausreicht: man braucht entweder einen Hochschulabschluss oder eine Reihe von (oft unbezahlten) Praktika. Diejenigen auf der Spitze haben Verbindungen und Sozialkapital, um solche Möglichkeiten wahrzunehmen. Diejenigen in der Mitte und unten nicht. Der Punkt ist, dass niemand es auf seine oder ihre Art schafft. Und diejenigen auf der Spitze bekommen mehr Hilfe von ihren Familien als diejenigen auf der Leiter unten. Der Staat sollte helfen, Chancengleichheit zu schaffen.

Amerikaner erkennen allmählich, dass ihre lieb-gewonnene Darstellung von sozialer und wirtschaftlicher Mobilität ein Mythos ist. Ohne wesentlichen Politikwechsel werden unser Selbstbild und das Bild, das wir von der Welt haben, schmälern, fasst Stiglitz zusammen.

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