Montag, 28. Juni 2010

Finanzkrise und Ungleichheit

Zwischen Politik und Ungleichheit gibt es eine Wechselbeziehung. Die Politik ihrerseits hat Einfluss auf die Anfälligkeit des Finanzsystems. Welche Verbindung besteht aber zwischen der Anfälligkeit des Finanzsystem und der Ungleichheit? Paul Krugman präsentiert zu diesem brisanten Thema „Ungleichheit und Krisen: Zufall oder Kausalität?“ in seinem Blog
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aus einer Konferenz in Luxemburg („Inequality and the Status of the Middle Class“). Vor 2008, wenn er vor dem Publikum über „Ungleichheit“ reden würde, würde er hervorhebend erwähnen, dass wir in Sachen „Ungleichheit“ den höchsten Stand seit 1929 erreicht haben, was unweigerlich zu Fragen führen würde, ob wir demnächst noch eine Depression erleben werden, so Krugman. Er würde sagen, dass es wirklich keinen klaren Grund gebe, warum eine hohe Ungleichheit zu makroökonomischen Krisen führen soll.


Inequality and Crises, Graph : Prof. Paul Krugman

Einer Rückkehr der Ungleichheit auf Niveaus wie in den 1920er Jahren würde jedoch eine Finanzkrise wie zu Beginn der Grossen Depression folgen. Warum? Es gibt drei Möglichkeiten: (1) Zufall, (2) gemeinsame Schadensursache (d.h. neoliberale Ideologie) und (3) Aktuelle Schadensursache: Ungleichheit erzeugt irgendwie makroökonomische Anfälligkeit. Krugman verweist in diesem Zusammenhang auf scharfe Rechtsverschiebung in Politik in den USA und in geringerem Umfang in Grossbritannien um ca. 1980. Stichworte sind Polarisierung und die Deregulierung der Finanzmärkte. Auffällig ist eine starke Korrelation zwischen den politischen Verschiebungen und Ungleichheit. Politische Verschiebungen mögen zu einem Anstieg der Ungleichheit und zu einer erhöhten Anfälligkeit der Finanzmärkte geführt haben. Aber gibt es einen direkten kausalen Zusammenhang von Ungleichheit und den makroökonomischen Krisen? Dazu liefert die „Theorie von Underconsumption“ von Hobson einige Argumente.

Robert Reich vertritt in diesem Kontext die Meinung, dass die Verbraucher nicht über ihre Verhältnisse gelebt haben. „Es war so, dass deren Mittel nicht mithalten konnten damit, was die wachsende Wirtschaft bei oder nahe der Vollbeschäftigung zu produzieren in der Lage war. Ein grösser Anteil des Gesamteinkommens ging an die Leute an der Spitze“. Es sei auf längere Sicht schwer, zu sehen, woher die Kaufkraft kommen soll, es sei denn, die grosse Mittelschicht verfügt über mehr Netto-Lohn, so Reich.

Underconsumption hat aber sowohl konzeptionelle als auch empirische Probleme, so Krugman.

Es gibt modernere Ideen wie die z.B. von Robert Frank: Die Frage ist Overconsumption (over-indebtedness: Überverschuldung), nicht underconsumption: „Die Reichen geben jetzt mehr Geld aus, weil sie einfach mehr Geld haben. Aber ihre Ausgaben veranlassen andere, auch mehr Geld auszugeben, darunter Familien mit mittlerem Einkommen. Wenn das Realeinkommen der Mittelschicht nur leicht gewachsen ist, wie finanzieren sie denn den zusätzlichen Konsum? Indem sie länger arbeiten, weniger sparen und mehr Kredit aufnehmen, argumentiert Frank.

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