Montag, 28. Juni 2010

Schweiz: Produktionslücke und Geldmultiplikator

Die Notenbankgeldmenge (d.h. Giroguthaben + Notenumlauf) hat sich in der Schweiz seit der Finanzkrise deutlich vergrössert. Von 49,6 Mrd. Franken im Jahre 2008 auf 99,1 Mrd. Franken im Jahre 2009. Im April 2010 betrug die Notenbankgeldmenge 93,5 Mrd. Franken, was gegenüber dem Vorjahr einem Rückgang von 20,8% entsprach. Im Mai 2010 ist die Summe aus Giroguthaben und Notenumlauf ist weiter auf 128,4 Mrd. Franken geklettert. Das bedeutet ein Anstieg um 21,8% gegenüber dem Vorjahr. Verantwortlich dafür sind (1) die unkonventionellen Massnahmen der SNB und (2) die anhaltende Unsicherheit. Folglich verbucht der Geldmultiplikator seit dem Ausbruch der Finanzkrise einen starken Rückgang. Warum? Weil die Banken aus Vorsichtsgründen mehr Liquidität halten und sich gegenseitig weniger Kredite gewähren als zuvor. In den vergangenen Wochen hat sich der Geldmultiplikator, der dem Quotient aus dem Geldaggregat M3 und der Notenbankgeldmenge entspricht, sich wieder weiter nach unten bewegt, wie die SNB in ihrem Quartalsheft 2/2010 berichtet. Die Kerninflation ist in der Schweiz seit Oktober 2009 rückgängig.


Geldmengenmultiplikator, Graph: SNB, Quartalsheft 2/2010

Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage muss sich in der mittleren Frist im Gleichschritt mit dem gesamtwirtschaftlichen Angebot entwickeln, schreibt die SNB in ihrem Quartalsbericht, damit eine inflationäre oder deflationäre Entwicklung vermieden werden kann. Fällt die Auslastung während einer längeren Zeit unter ihr normales Niveau, so signalisiert dies einen Angebotsüberhang und damit einen fallenden Inflationsdruck. Die Auslastung der Kapazitäten hat sich im ersten Quartal deutlich verbessert. Es handelt sich dabei um einen Anstieg von 77,2% im IV. Quartal auf 80,8% im I. Quartal 2010. Die Kapazitäten in der Industrie sind jedoch immer noch stark unterausgelastet, wie die SNB mitteilt. Alle Methoden zeigen, dass die Produktionslücke (output gap) momentan negativ ist. Die SNB geht davon aus, dass sich das Wachstum des Produktionspotenzials langsam stabilisiert und die Produktionslücke mit der wirtschaftlichen Erholung weiter abgebaut wird.


Produktionslücke (output gap), Graph: SNB, Quartalsheft 2/2010

Fazit: Solange die Wirtschaft sich in einer Liquiditätsfalle befindet, die aggregierte Nachfrage stockt, die Produktionslücke geöffnet bleibt und der Geldmengenmultiplikator fällt, kann kein Inflationsdruck entstehen. Der rigorose Sparkurs in der Euro-Zone birgt zudem die Gefahr in sich, dass sich die Deflation verstärkt.

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