Paul Krugman führt die Debatte über angeblich notwendig höhere Zinsen in seinem Blog („Antipathy To Low Rates“) weiter. Wie können eigentlich gut ausgebildete Ökonomen wie z.B. Raghuram Rajan angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und der sich abzeichnenden Deflation Zinserhöhungen fordern? Nobelpresiträger zitiert diesmal Richard Serlin via Mark Thoma, dass dieser denkt, dass es sich dabei offenbar um eine allgemeine Abneigung gegen alles, was mit staatlichen Eingriffen zur Stützung der Wirtschaft zu tun hat, handelt. Serlin vertritt die Meinung, dass, wenn es eine Rezession gibt, das libertäre Denken und Süsswasser-Ökonomen davon ausgehen, dass der freie Markt einen guten Grund dafür hat. Es sei ein „reales“ Konjunkturphänomen und das Beste sei, zuzulassen, dass der freie Markt seine Rezession oder Depression hat, solange der freie Markt dies will. Die Fed soll also den freien Markt nicht manipulieren, genau so wie die Regierung es fiskalpolitisch nicht tun soll.
Die Fed hat gerade die Null-Inflation aufrechtzuerhalten oder zum Goldstandard überzugehen. Die Notenbank soll also nicht versuchen, die Zinssätze der freien Märkte zu manipulieren oder sich in Konjunkturzyklen überhaupt involvieren zu lassen, so Serlin. „Das tönt ungefähr richtig“, bemerkt Krugman. Er verweist darauf, dass die Einstellung auf dem Display von ganz wenigen Ökonomen eine deutliche Ähnlichkeit mit dem Liquidatorentum der Depressions-Ära trägt, wie von Brad DeLong in einem ausgezeichneten, aber irgendwie nie veröffentlichten Buch über die wirtschaftliche Geschichte des 20. Jahrhunderts beschrieben wurde. „Die mangelnde Bereitschaft, politischen Einsatz für die Unterstüzung der Wirtschaft während einer Depression zu verwenden, war von einem grossen Chor gestützt und durch die bedeutendsten Ökonomen gebilligt“, schreibt DeLong in dem von Krugman zitierten Paper. Joseph Schumpeter z.B. argumentiert, dass es eine Anmassung gegen Sanierungsmassnahmen gab, welche durch Geld und Kredit funktionieren würden. „Wirtschaftspolitiken dieser Art sind besonders geeignet, zusätzliche Schwierigkeiten für die Zukunft zu schaffen“, ist Schumpeter überzeugt. Aus Sicht von Schumpeter sind Depressionen nicht einfach Übel, welche wir versuchen könnten, zu unterdrücken, sondern Formen von etwas, was passiert: nämlich Anpassung an Veränderung. Die gesellschaftlich produktive Funktion der Depressionen erzeugt demnach „die Hauptschwierigkeit“, mit der die Wirtschaftspolitik konfrontiert sei. Das Meiste von dem, was wirksam in Sanierung der Depression wäre, wäre ebenso wirksam in Verhinderung dieser Anpassung, so Schumpeter zum Thema. DeLong zitiert dazu auch Hayek. Krugman zieht zum Glück aus den äusserst komplizierten Formulierungen von Schumpeter und Hayek in einer verständlichen Art und Weise die einfache Schlussfolgerung, dass heute relativ wenige Ökonomen bereit sind, zu sagen, dass sie anhaltend hohe Arbeitslosigkeit für eine gute Sache halten. Aber sie finden Gründe, sich gegen sämtliche Vorschläge zu widersetzen, staatliche Politik (einschliesslich Geldpolitik) einzusetzen, um die Krise zu lindern. Genau wie es immer war, bemerkt Krugman zum Schluss.
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