Während die USA weiterhin auf der Fortsetzung der Konjunkturstimulanz bestehen, wie zuletzt Präsident Barack Obama in Richtung G20-Länder deutlich verkündet hat, will das Euroland fest entschlossen auf einen rigorosen Sparkurs einschwenken. Wie Paul Krugman diese Woche während seines Aufenthalts in Deutschland ohne Umschweife betont hat, ist es jedoch noch zu früh, mit dem Abbau der Staatshaushalten zu beginnen. Auch aus Sicht des Investors George Soros riskiert die Bundesregierung mit ihrem Sparkurs den Euro und die EU zu vernichten. "Die deutsche Politik ist eine Gefahr für Europa....Im Moment treiben die Deutschen die Nachbarn in eine Deflation...Es droht eine lange Phase der Stagnation. Und die führte zu Nationalismus, zu sozialen Unruhen, zu Fremdenfeindlichkeit. Sie gefährdet also die Demokratie", sagt Soros in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit". Festina lente („Eile mit Weile“): „Das ist der Ratschlag, den wir aus den alten Römern geerbt haben“, schreibt Martin Wolf in einem lesenswerten Essay („Why it is right for central banks to keep printing“) in FT. Politische Entscheidungsträger im Westen sollten sich das zu Herzen nehmen.
Angesichts der enormen Haushaltsdefiziten könnten sie jetzt festgestellt haben, dass sie sich jetzt beeilen müssten, um die Fiskalpolitik so schnell wie möglich zu straffen, in der Hoffnung, dass es das Wirtschaftswachstum fördert. Wie stehen aber die Chancen, dass sie Recht haben? „Klein“, denkt Wolf. Darüber hinaus gibt es bessere Alternativen, erklärt Wolf. Der Nachteil ist, dass sie unorthodox sind. Aber viele Menschen bevorzugen heute orthodoxe Rezessionen zu unorthodoxen Erholungen der Wirtschaft.
Warum sollen aber scharfe Sparmassnahmen die wirtschaftliche Erholung fördern? Alberto Alesina und Silvia Ardagna bemerken in einem einflussreichen Aufsatz, dass prospektiv kleinere Defizite das Vertrauen der Verbraucher und der Investoren verbessern können, wodurch der Konsum steigen und Risiko-Prämien im Hinblick auf die Zinsen sinken würden. Auf der Angebotsseite würde eine straffe Fiskalpolitik das Angebot an Arbeit und Kapital erhöhen und Unternehmen unterstützen, lautet der Grundgedanke der beiden Ökonomen. Martin Wolf findet die Schlussfolgerung aber nicht glaubwürdig. Eine Verringerung des Haushaltsdefizits muss durch Verschiebungen in privaten und ausländischen Haushalten ausgeglichen werden, erklärt Wolf. Wenn die fiskalpolitische Kontraktion zu expansiv wird, dann müssen die Exporte steigen und private Ausgaben zunehmen. Oder die privaten Ersparnisse müssen fallen. Deshalb fällt die Erfahrung mit fiskalischer Kontraktion sehr unterschiedlich aus: wenn sie in ein paar kleinen Volkswirtschaften geschieht, nicht in vielen grossen Ländern gleichzeitig. Wenn der Finanzsektor in einem guten Zustand, nicht hoch verschuldet ist(„highly leveraged“) und die Zinssätze hoch, nicht nahe bei Null liegen, und die externe Nachfrage lebhaft, nicht schwach ist und die reale Wechselkurse frei schwanken anstatt fest zu bleiben, erläutert Wolf.
Wenn, wie jetzt, die Wirtschaft durch die Fragilität des Finanzsektors, der fast die Hälfte der Weltwirtschaft ausmacht, betroffen ist, und die Zinsen nahe bei Null liegen und die Unternehmen und private Haushalte in Sachen Kredit eingeschränkt sind, ist die Ansicht, dass eine frühe Straffung der Fiskalpolitik die Wirtschaft stützen würde, sicherlich heldenhaft, argumentiert Wolf. Er hoffe, dass es wahr wird, aber es gebe wenig Grund, daran zu glauben, hält er fest.
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