Montag, 28. Juni 2010

Geldpolitik: Zu expansiv oder nicht expansiv genug?

Martin Wolf fragt in einem lesenswerten Essay („Is monetary policy too expansionary or not expansionary enough?“) in FT, ob die Geldpolitik zu expansiv oder nicht expansiv genug ist. In der längeren Frist ist das Geld „neutral“, sagen die Anhänger des Marktradikalismus. Ein Anstieg der Geldmenge erhöht demnach lediglich das Preisniveau. In der kürzeren Frist kann die Geldpolitik jedoch einen grossen Einfluss auf die Wirtschaft ausüben. Eine grosse Frage ist aber, wie die Auswirkungen der Geldpolitik in einem Umfeld wie dem vorliegenden, zu schätzen ist, wenn die kurzfristigen Zinsen nahe Null liegen und das Kreditsystem beschädigt ist, schreibt Wolf. Die Schwierigkeit rührt daher, dass die monetäre Basis explodiert hat, während die Wachstumsrate der breiteren Geldaggregate extrem niedrig verblieben ist. Menschen sind besorgt, dass die Regierungen "Geld drucken" (money printig), was in eine Inflation münden werde, wie die aufgeblähte Bilanz der Zentralbanken zeigten, so Wolf. „Die Deutschen sind dagegen, dass die EZB Staatsanleihen am Markt aufkauft. Doch das Wachstum der Geldmenge M3 beläuft sich in der Euro-Zone auf beinahe Null“, erklärt der Chef-Wirtschaftskommentator von FT.

Das bedeutet, dass es keinen inflationären Druck gibt, bemerkt Wolf. (1) Die monetäre Basis hat keine Auswirkungen auf die Ausgaben der öffentlichen Hand. Wenn die Regierungen von ihren Zentralbanken Geld leihen, um ihre Rechnungen zu bezahlen, landet das ganze Geld als Einlagen der Geschäftsbanken wieder bei der Zentralbank, (2) Solche Einlagen haben keine direkten Auswirkungen auf die Kreditvergabe der Geschäftsbanken (Vermögenswerte). Viele Anhänger der österreichischen Schule verweisen auf das Übel des „fractional reserve banking“. Es gibt aber keinen direkten Zusammenhang zwischen der Höhe der Bankreserven und der Höhe der Verbindlichkeiten einer Bank, so Wolf. Aus Sicht der Geschäftsbanken ist die Frage nur, ob die Zentralbanken sie mit Liquidität versorgen oder nicht. (3) Die Grösse der Zentralbank-Bilanz hat keine direkten Auswirkungen auf den gesamten Geldbestand in der Öffentlichkeit, (4) Die Politik der Ausdehnung der Bilanz einer Zentralbank wirkt nur dann inflationär, wenn es zu einem Ausbau der gesamten Geldmenge führt, welche das Publikum gemäss dem Niveau der wirtschaftlichen Aktivitäten, der Zinssätze und der erwarteten Inflation zu halten wünscht. Ist es der Fall, beginnen die Leute, das überschüssige Geld auszugeben, indem sie sowohl Inflation generieren als auch Inflationserwartungen steigen lassen, und (5) Eine solche inflationäre Auswirkung kann durch das Geld-Drucken nur dann entstehen, wenn die gesamte Geldmenge beginnt, schnell zu wachsen. Das geschieht aber derzeit nicht, erklärt Wolf. Nur die monetäre Basis nimmt zu.

Fazit: Besorgnisse über einen bevorstehenden Inflationsausbruch sind daher ein schwerer Fehler. „Gewissermassen gibt eine Gefahr der Monetarisierung der Schulden, allerdings erst dann, wenn wir scheitern, wieder zum Wirtschaftswachstum zurückzukehren. Denn das ist die Situation, in der es am wahrscheinlichsten ist, dass sich das Defizit der öffentlichen Hand nicht schliesst. Daraus folgt, dass jetzt eine starke Straffung der Geldpolitik die langfristige Inflationsgefahr erhöhen kann, anstatt sie zu verringern“, erklärt Wolf.

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