Braucht die Wirtschaft heute weniger oder mehr schuldenfinanzierte Konjukturprogramme? Bevor die Frage geklärt ist, ob die Wirtschaft erneut in eine Rezession zurückfällt oder nicht , ist es eine ausgesprochen schlechte Idee, gerade jetzt auf einen rigorosen Sparkurs einzuschwenken, wie z.B. das Euroland sich gerade anschickt. Das ist sicherlich ein Holzweg. „Jetzt ausgeben, wenn die Wirtschaft depressiv verbleibt, und später sparen, wenn sie sich erholt hat“, rät Paul Krugman in seiner Montagskolumne in NYT. Überall auf der Welt scheinen Politiker entschlossen, genau das Gegenteil zu machen, bemerkt der Nobelpreisträger. Er unterscheidet zwischen einem kurzfristigen und einem langfristigen Haushaltsdefizit: (1) Kurzfristig: Das hohe Defizit ist die Folge der anhaltenden Wirtschaftskrise, welche Einnahmen gedämpft und ausserordentliche Ausgaben gefordert hat, um das Finanzsystem zu retten. Das Congressional Budget Office (CBO) schätzt, dass das Haushaltsdefizit von 10% des BIP in diesem Jahr auf rund 4% des BIP im Jahre 2014 zurückgehen wird.
Das ist nicht genug, betont Krugman, weil die Verschuldung schneller wächst als die Einnahmen. Das Defizit dürfte nach 2014 wieder beginnen, zu zunehmen. (2) Langfristig: Die USA haben also ein langfristiges Haushaltsdefizit. Grund: Die Kosten im Gesundheitswesen, die unter Kontrolle gebracht werden müssten. Das kann geschehen entweder durch zusätzliche Einnahmen oder durch Senkung der Ausgaben. Ein Mehrwerwertsteuersatz um 5% würde die Lücke langfristig schliessen, erklärt Krugman. Sollen wir aber nicht heute damit beginnen, wenn wir die Steuern erhöhen und die Ausgaben kürzen müssen? Nein, schreibt Krugman: „Wir haben jetzt eine schwer depressive Wirtschaft“. Jedes Jahr, welches mit extrem hoher Arbeitslosigkeit vergeht, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass eine Vielzahl der Langzeitarbeitslosen nie wieder eine Beschäftigung finden und dauerhaft unterklassig werden wird, beschreibt Krugman. Jedes Jahr gibt es fünf mal mehr Leute, die einen Job suchen, als neue Stellen, die sich öffnen. Es ist daher jetzt nicht die Zeit für Sparmassnahmen, hält Krugman fest. Woher werden wir aber wissen, wenn die Zeit gekommen ist? Das Haushaltsdefizit sollte nur dann eine Priorität werden, aber nur dann, wenn die Fed die Wirtschaft einigermassen wieder ziehen kann, so dass sie die negativen Auswirkungen der Steuererhöhungen und der Ausgabenkürzungen durch Zinssenkungen steuern kann, so Krugman. Derzeit kann die Fed das nicht tun, weil die Zinssätze nahe Null liegen und nicht tiefer gehen können. Doch irgendwann, wenn die Arbeitslosigkeit sinkt, und unter 7% geht, wird die Fed die Zinsen anheben wollen, um eine mögliche Inflation abzuwehren. Gerade für diesen Zeitpunkt schlägt Krugman einen Deal vor: Wenn die Staatsausgaben reduziert werden, hält sich die Fed mit Zinserhöhungen zurück, sodass die Wirtschaft wegen Ausgabenkürzungen nicht wieder in eine Flaute rutscht. Aber die Zeit für so einen Deal ist ein langer Weg, vermutlich in zwei oder mehreren Jahren. Es ist daher verantwortungsvoll, jetzt Geld auszugeben und später zu sparen, so Krugman als Fazit.
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