Simon Johnson und Peter Boone malen in einem heute veröffentlichten Essay in The Baseline Scenario ein ganz düsteres Bild über die aktuelle Schuldenkrise in der Euro-Zone. „Die grosse Neuigkeit ist Frankreich“, melden sie. „Während das Sentiment sich in ganz Europa verschlechtert, hat Frankreich seinen Status als sicheren Hafen verloren“, erklären die Autoren. Die CDS-Spreads für französische Staatsanleihen sind heute stark gestiegen. Der Auslöser war merkwürdigerweise die Ankündigung Ungarns, dass der Haushalt schlechter ist als erwartet. „Diese relativ kleine Neuigkeit hat in einem derzeitigen Umfeld Investoren in Angst und Schrecken versetzt“, halten die beiden Ökonomen fest. „Die grossen Verlierer sind Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien. Aber auch Belgien ist jetzt in der Schusslinie. Frankreich steht deutlich unter Druck“, fügen sie hinzu.
Die Spreads zwischen den CDS für Frankreich und Deutschland sind heute weiter gestiegen. Von gestern 40 Basispunkten auf heute 44 Basispunkte, von 5 Basispunkten Ende 2009. „Französische Staatsanleihen werden illiquide, mit breiten Bid-Ask-Spreads. So was kann eigentlich einem sicheren Hafen nicht passieren“, halten Johnson und Boone fest. „Das verärgert die Franzosen. Der französische Ministerpräsident ist heute mit dem Satz zitiert worden: „Ich bin über die Parität zwischen dem Euro und den Dollar nicht besorgt“ („Je n’ai pas d’inquiétude quant à l’actuelle parité entre l’euro et le dollar“). „Sei vorsichtig, was du dir wünschst. Solche Aussagen treiben die Deutschen verrückt, als sie darin einen weiteren Beweis dafür sehen, dass die „Inflation Lovers“ klar an Einfluss gewinnen und das Ruder bei der EZB übernehmen könnten“, erklären die Autoren. „Das hat das Potenzial zu einem Run auf nicht-deutsche Staatsanleihen in der Euro-Zone zu führen. Wir werden weiter sehen, dass Pensionsfonds und Verwalter von Währungsreserven sich zurückhalten werden, um zu sehen, was passiert. Denn der Kauf von französischen Staatsanleihen mit einem Spread von 44 Basispunkten über den deutschen Staatspapieren werfen in Anbetracht von Risiken und Illiquidität keinen Ertrag mehr ab“, so Johnson und Boone. Was soll die EZB tun? Die Autoren heben die folgenden drei Aspekte hervor: (1) Die EU-Behörden müssen den Euro wirklich zusammenbrechen lassen. Das heisst unterhalb der Parität mit dem Dollar. Das wird die Solvenz-Frage in der gesamten Euro-Zone reduzieren, ironischerweise durch Nichts-Tun und im Gezänk innerhalb Europas, wie Rom brennt. Das ist eine Massnahme, auf die EU zu setzen scheint. (2) Wenn die Euro-Abwertung nicht schnell genug kommt, werden die EZB und andere einen Plan B vorantreiben, wobei zumindest einige der finanzschwachen Länder „freiwillig“ umschulden werden, nicht so traumatisch wie in Kasachistan, aber eine Umschuldung, in der Gläubiger gedroht werden, dass es sonst zu einem Default kommt, falls sie „debt restructuring“ nicht akzeptieren. Das wird das Rollover-Risiko unter Staaten beenden, v.a. wenn die Banken gezwungen werden, nachzuziehen. Europäische Regulierungsbehörden müssen mit europäischen Grossbanken zusammenarbeiten. Das ist ein guter Zeitpunkt, Management/Direktoren zu wechseln und einen Blick auf die imposanten Verluste bei zumindest einigen ungesicherten Gläubigern zu werfen, obwohl die Angst derzeit eine systemische Panik auslösen kann. Gefährdete finanziellen Strukturen induzieren Bailouts (Rettungsaktionen) (und künftige Moral Hazard). Die EZB muss Liquidität pumpen, um einen Bank Run zu verhindern. (3) Euro-Zone Länder, die ohne Umstrukturierung verbleiben, werden zum Rollover öffentlicher Schulden Unterstützung von G20 in Anspruch nehmen müssen, während sie die Schulden des privaten Sektors umschulden werden. Das schliesst auch Frankreich ein, so Johnson und Boone.
Fortschritte in Bezug auf die Schritte 2 und 3 erfordern Konsens innerhalb Europas und entschlossene Massnahmen mit internationaler Unterstützung. Das bleibt jedoch fast unmöglich, bis die Länder mit der offensichtlichen Gefahr des nationalen finanziellen Kollaps konfrontiert werden. „Wir sind noch nicht da, aber das ist ein gefährlicher Gleitpfad. Da der Anleihemarkt sich in Richtung eines Käufers-Streiks befindet und die europäischen Entscheidungsträger nichts tun, wird der Weg des geringsten Widerstands zu einer Abwärtsspirale“, warnen Johnson und Boone.
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