Wenn die kurzfristigen Zinsen nahe null (zero lower bound) liegen, sind weitere Zinssenkungen nicht mehr möglich. Die Geldpolitik verliert dann an Wirksamkeit. Es gibt aber Instrumente, die helfen, die expansive Geldpolitik weiter aufrechtzuerhalten. Es handelt sich dabei um unkonventionelle Massnahmen, die i.d.R. in drei Formen zum Erscheinen treten, wie Thomas Jordan, SNB-Präsident in einem Referat („Geldpolitik in der Finanzkrise“) vor rund einem Jahr in Zürich festgehalten hat.
(1) Forward Guidance: Darunter versteht man die Ankündigung einer Zentralbank, die
kurzfristigen Zinsen für einen bestimmten Zeitraum tief zu halten.
(2) QE: Das
heisst die mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing) und
(3) Interventionen am Devisenmarkt.
Die Forward Guidance wird heute v.a. durch die US-Notenbank (Fed) umgesetzt. Seit rund zwei
Wochen praktizieren aber auch die EZB und die Bank of England (BoE) das
Instrument der expliziten Angabe zur Entwicklung der kurzfristigen Zinssätze.
Mit Forward Guidance teilten Notenbanken explizit mit, auf welche Dauer sie mit
unveränderten Zinsen rechnen, wie Jordan erläutert.
Mit QE versuchen die Notenbanken, die Wirtschaft
anzukurbeln, indem sie Liquidität weiter erhöhen, um die langfristigen Zinsen zu
senken. Die QE ist i.d.R. damit verbunden, dass die Notenbank Wertpapiere am
offenen Markt kauft. Es handelt sich dabei um US-Staatsanleihen und die von den
Regierungsagenturen ausgegebene Anleihen, die mit Hypotheken besichert sind. Aber
auch die BoE und die Bank of Japan (BoJ) greifen auf die QE zurück.
Interventionen am Devisenmarkt sind eine weitere Form der
QE-Politik. Vor allem hat die SNB in den vergangenen drei Jahren davon ausgiebig
Gebrauch gemacht. Aber auch die BoJ hat in den 1990er Jahren zu diesem
Instrument gegriffen. Die SNB hat dieses Instrument der QE um einen Schritt
weiter verlängert und im September 2011 einen Mindestkurs von 1,20 CHF per EUR festgelegt.
Das Ziel ist, eine lang anhaltende Überbewertung des Frankens zu verhindern, zumal die Schweizer Landeswährung
weiterhin hoch bewertet gilt.
Die lockere Geldpolitik und die unkonventionellen
Instrumente haben bisher dazu beigetragen, die Depression abzuwenden und eine
negative Preisspirale zu unterbinden. Während die Fed und die BoE mit der QE den
expansiven Kurs der Geldpolitik weiter stärken, will die in erster Linie die Störung der geldpolitischen Transmission beheben. Der SNB ist
es gelungen, mit der Festlegung des Mindestkurses die Deflationserwartungen
einzudämmen.
Gibt es aber keine Risiken, die mit dem Einsatz der
unkonventionellen Massnahmen einhergehen?
Die monetäre Basis (Notenbankgeldmenge) hat zwar in Folge der
QE-Politik massiv zugenommen. Aber es besteht keine Inflationsgefahr, da die Kapazitäten aufgrund der schwachen
gesamtwirtschaftlichen Nachfrage unterausgelastet sind, zumal ein Anstieg der
Geldbasis (monetary base) in einer
schwer angeschlagenen Wirtschaft nicht automatisch zu einem Anstieg der
Inflation führt. Die monetäre Basis muss allerdings, sobald die Wirtschaft sich
nachhaltig erholt, wieder normalisiert werden. Es kommt aber auf den Zeitpunkt
besonders an.
Ein Risiko liegt darin, dass es zu spekulativen Preisentwicklungen und Fehlallokationen kommt, z.B. auf dem Immobilienmarkt. Die SNB versucht, mit makroprudenziellen
Instrument eine Abhilfe zu schaffen. Erwähnenswert ist die Aktivierung des antizyklischen Kapitalpuffers (CCB).
Ferner besteht die Gefahr darin, dass die restriktive
Fiskalpolitik auf dem Wirtschaftswachstum lastet und die Zentralbank alleine
zur Krisenbewältigung beitragen muss. Die Rede ist also von einem Spannungsfeld zwischen Fiskal- und
Geldpolitik.
Fazit: Mit der Flexibität der mengenmässigen
Lockerung der Geldpolitik ist es Notenbanken gelungen, das Entstehen einer
weiteren Grossen Depression zu verhindern. Aber es ist offensichtlich, dass die
akkommodierende Geldpolitik im Angesicht der schweren Rezession allein zur
Finanzstabilität nicht beitragen kann. Es ist daher abwegig, dass die
Entscheidungsträger in der Politik Menschen v.a. in Europa mittels Austerität
noch mehr Leid zumuten, anstatt die Geldpolitik mit einer expansiven
Fiskalpolitik zu unterstützen, um die Erholung der Wirtschaft zu beschleunigen.
1 Kommentar:
Wer die Konjunktur beleben will, muss den Realzins senken. Dass der Nominalzins nahe Null ist, bedeutet nicht, dass die Geldpolitik real gesehen nicht doch Hochzinspolitik betreibt und so die Krise absichtlich immer weiter verschärft. Den Realzins senkt man mit steigenden Löhnen und Preisen, wenn man das politisch will. Die Verantwortlichen der Geldpolitik können sich aber auch dumm stellen, als wüssten sie nicht, wie sich steigende Löhne durchsetzen lassen. So wie in Japan, wo seit über zwei Jahrzehnten die Zinsen zwar nominal bei Null liegen, real aber wegen der fallenden Immobilienpreise und Aktienkurse viel zu hoch waren.
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