Gestern Nachmittag stand der Preis von WTI (West Texas Intermediate) mit 108,54$ fast genau gleich wie der Preis von Brent mit 108,64$. Bereits am Freitag wurden WTI (ein leichtes, süssliches Rohöl aus den USA) und Brent (die wichtigste Rohölsorte in Europa) zum gleichen Preis gehandelt.
Das ist das erste Mal seit fast drei Jahren, bemerkt James Hamilton in seinem Blog dazu. Der an der University
of California, San Diego lehrende Wirtschaftsprofessor warnt zugleich vor
Erwartungen, dass die Situation anhalten würde.
Brent und WTI sind sehr ähnliche Produkte und werden historisch
im Wesentlichen für den gleichen Preis verkauft. Aber die steigende Produktion
aus Kanada und die zentralen Vereinigten Staaten haben die Kapazität für den
Transport von Rohöl aus Cushing, Oklahoma, wo bestehende Pipelines das Öl tragen, überwältigt. Daraus
hat sich ergeben, dass die US-Raffinerien an der Küste die hohen
Weltmarktpreise für das importierte Rohöl zahlen ,weil sie nicht fähig sind,
auf das Produkt in Cushing (ohne Zugang zum Meer) zuzugreifen.
Seit 2010 ist die Infrastruktur für den Transport und die
Lieferung von Rohöl zu den US-Raffinerien auf Schiene und Binnenschiff enorm
gewachsen. Dies hat zwar die Preisdifferenz (spread) zwischen Brent-WTI eingeengt, aber nicht ganz eliminieren können, da
Pipelines ein wirtschaftlicher effizienter (und umweltfreundlicher) Weg für den
Transport von Rohöl sind.
Preisdifferenz (spread)
zwischen Brent und WTI, Graph: Prof. James Hamilton
Die Pipeline-Infrastruktur wird allmählich ausgebaut, um
mehr Erdöl aus den zentralen US-Raffinerien in die Küstennähe zu liefern:
Die Seaway Pipeline
transportiert täglich rund 300‘000 Barrel aus Cushing.
Die umgekehrte Fliessrichtung durch die Magellan Longhorn Pipeline (Kapazität 225‘000 Barrel pro Tag) hat
bereits angefangen, Rohöl direkt aus West-Texas zu den Raffinerien in Houston
(durch Umgehung der Schwemme in Cushing) zu liefern.
Auch die Verbesserung der Raffinerie (400‘000 Fass pro Tag)
in Whiting, Indiana hilft, die
Schwemme in Cushing zu entlasten.
All das hat laut Hamilton dazu beigetragen, die Lagerbestände an Rohöl im Mittleren Westen
abzuzapfen, bis auf das Niveau im Dezember, obwohl es einen langen Weg gibt, zu
gehen.
Ferner soll das Keystone-Projekt
(700‘000 Barrel pro Tag) Rohöl aus Cushing an die Küste liefern. Die Aufnahme
des Betirebs dürfte bis Ende Jahr geschehen. Aber auch andere Projekte werden
wahrscheinlich bald noch mehr Rohöl aus Kanada und den USA nach Cushing
bringen, z.B. durch das South Flanagan
Projekt.
All dies bedeutet, dass das Verschwinden der Preisdifferenz
von Brent-WTI sich als kurzlebiges Phänomen erweisen wird, hält Hamilton als Fazit fest.
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