Ben Bernanke hat vergangene Woche bei der Vorlage seines Rechenschaftsberichts (Semiannual Monetary Policy Report) vor dem US-Repräsentantenhaus u.a. darauf hingewiesen, dass die restriktive Fiskalpolitik auf dem Wirtschaftswachstum laste, und zwar mehr als derzeit erwartet.
Die Debatte über andere fiskalpolitsche Fragen wie z.B.
Schuldengrenze (debt ceiling) könnte die wirtschaftliche Erholung verhindern, hält US-Notenbankpräsident fest.
Eine Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, wie
viel die Notenbanker sich über die Fiskalpolitik äussern sollen. Eine Antwort
lautet: überhaupt nicht. Da fiskalpolitische Massnahmen Auswirkungen auf die
Geldpolitik entfalten können, ist es schwierig, sich lange in Schweigen zu
hüllen. Warum sollen im Übrigen wichtige Informationen der Öffentlichkeit
vorenthalten werden?
Es liegt auf der Hand, dass die Austeritätspolitik, wenn die
nominalen Zinsen nahe null (zero lower
bound) liegen, die Arbeit der Geldpolitik erschweren, wie Simon Wren-Lewis in seinem Blog
hervorhebt. Wenn ein Notenbanker dies
vor der Öffentlichkeit klar darstellt, kann er sich davor schützen, wenn später
etwas schief geht, Vorwürfen ausgesetzt zu werden.
Es sollte also kein Tabu für die Zentralbanker geben, über
die Fiskalpolitik zu reden, wenn ihre Fähigkeit, die Arbeit zu tun,
beeinträchtigt wird, wie der an der Oxford
University lehrende Wirtschaftsprofessor unterstreicht.
Kommunikation
über die Fiskalpolitik, Graph: ECB
in: “Central Bank Communication on Fiscal Policy”, Working Paper Series N0
1477, Sept 2012
Die politischen Entscheidungsträger in der EZB reden
besonders gern über Fiskalpolitik und Strukturreformen. Hier ist ein aktuelles
Beispiel, wie die EZB in einem Working Paper (“central
bank communication on fiscal policy“) bestätigt, dass sie über die
Fiskalpolitik intensiv kommuniziert, sowohl im positiven als auch im normativen
Sinne.
Andere Zentralbanken beziehen sich auf die Fiskalpolitik
i.d.R. dann, wenn es um die Beschreibung von makroökonomischen Entwicklungen
geht, als Input für die eigene Prognosen oder wenn es um die Verwendung von
staatlichen Schuldtiteln in geldpolitischen Operationen geht.
Warum ist die EZB ein Teil der Troika? Ist sie hineingezogen
worden oder hat sie sich einladen lassen?, wie Carl Whelan fragt.
Während Fed-Chef Bernanke von einer übermässig restriktiven
Fiskalpolitik warnt, fordert die EZB von den europäischen Regierungen Tag ein
Tag aus, die Fiskalpolitik restriktiver zu gestalten. Die EZB hat entweder eine
völlig andere Sicht über die makroökonomische Entwicklung oder sie glaubt an
expansionary austerity („expansive Sparpolitik“). Oder es gibt einen anderen
Grund: fiscal dominance, wie Wren-Lewis betont. Aber die EZB braucht weniger
Angst vor fiscal dominance zu haben als jede andere Zentralbank auf der Welt. Die
Abneigung der EZB, als lender of last resort zu agieren, ist ein offenes
Geheimnis. Auch das OMT-Programm wurde erst zwei Jahre nach dem Ausbruch der
Eurokrise nolens volens vorgestellt. Die EZB ist ziemlich einzigartig im
Hinblick auf die Wahrnehmung ihres Mandats. Die Entscheidungsträger der EZB
nehmen zu wirtschaftspolitischen Fragen hemmungslos Stellung, auch wenn die Geldpolitik
davon nicht betroffen (oder irgendwie beeinträchtigt) ist.
PS:
Ben Bernanke in “Semiannual Monetary Policy Report to the Congress”,
July 17, 2013:
“The risks
remain that tight federal fiscal policy will restrain economic growth over the
next few quarters by more than we currently expect, or that the debate
concerning other fiscal policy issues, such as the status of the debt ceiling,
will evolve in a way that could hamper the recovery”.
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