Montag, 15. Juli 2013

Hunger Games und US-Wirtschaft

Vergangene Woche wurde in den USA die Agrargesetzgebung („Farm Bill“) im Repräsentantenhaus verabschiedet.

Etwas Schreckliches ist der Seele der Republikanischen Partei widerfahren. Es ist jenseits von schlechter ökonomischen Lehre. Es geht über Egoismus und Interestenvertretung hinaus, bemerkt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne (“Hunger Games, USA”) am Montag in NYTimes dazu. Die Rede ist von einem Geisteszustand, mit Freude Menschen in einer bereits miserablen Lage weiteres Leid zuzufügen.

Seit Jahrzehnten hat die Agrargesetzgebung in den USA zwei Pfeile: Direktzahlungen (d.h. Subventionen) an Landwirte und Lebensmittelprogramme (Ernährungshilfe für Amerikaner in Not), v.a. in Form von Essensmarken (heute SNAP genannt: Supplemental Nutrition Assistance Program).

Vor langer Zeit wurden Subventionen an arme Landwirte, als eine Form der Unterstützung für Menschen in Not verteidigt. Im Laufe der Jahre fielen die zwei Pfeile jedoch auseinander. Agrarsubventionen wurden zu einem von Betrug heimgesuchten Programm, welches v.a. Unternehmen und vermögenden Privatpersonen zu Gute kam. Inzwischen wurden Essensmarken (food stamps) zu einem entscheidenden Teil des sozialen Netzes, beschreibt Krugman.

Die Republikaner im US-Repräsentantenhaus haben Agrarsubventionen an Landwirte zugestimmt, und zwar in einem höheren Mass als vom Senat oder vom Weissen Haushaus vorgeschlagen wurde, während Essensmarken von der Farm Bill vollständig abgespalten worden sind. Begründung der Republikaner: „Sie sind persönlich frei, um Armen zu helfen. Aber der Staat hat kein Reicht, Menschen das Geld abzunehmen und sie die Pistole auf sie richtend zu zwingen, es Armen zu geben“.



Lebensmittelmarken und US-Wirtschaft, Graph: Prof. Paul Krugman

Angesichts dieser Doppelmoral denkt Krugman nicht, dass das Wort „Heuchelei“ hier der Sache gerecht werde. Es geht wie in der Klima-Debatte offenbar um die Theorie auf der rechten Seite des politischen Spektrums, dass wir dank staatlichen Programmen so viel Arbeitslosigkeit haben. Das heisst, dass die Menschen dafür bezahlt würden, nicht zu arbeiten. Hierbei sei daran erinnert, dass die Suppenküchen angeblich die Grosse Depression verursacht hätten! Ist es ein Scherz? Glaubt man wirklich daran, dass Amerikaner die Freizeit geniessen, nur weil sie 134 $ pro Monat bekommen? Das ist die Sozialhilfe via SNAP.

Doch wenn man es so tun würde, als nähme man es ernst, müsste man sich fragen, was denn hier los ist? Ist es einfach Rassismus? Kein Zweifel, die alten rassistischen Falschmeldungen haben noch etwas Zugkraft, legt Krugman dar: wie Ronald Reagans Image von „kräftigen jungen Kerlen, die Essensmarken in Anspruch nehmen, um damit ein T-Bone-Steak zu kaufen“. In diesen Tagen sind aber fast die Hälfte der Empfänger der Lebensmittelhilfe nicht-hispanische Weissen. Es hat also mit Rassen nichts zu tun, so Krugman. 

Worum geht es dann? Irgendwie ist eine der zwei grossen Parteien durch eine fast pathologische böse-Feurigkeit infiziert worden, eine Verachtung, die durch Rick Santelli von CNBC in seiner berühmten Schmipftirade, die die Tea Party ins Leben rief, mit der Bezeichnung als „losers“ (Versager) zum Ausdruck gebracht wurde. Wenn Sie ein Amerikaner sind und vom Glück verlassen wurden, wollen diese Leute Ihnen nicht helfen. Sie versetzen Ihnen sogar einen zusätzlichen Fusstritt. Krugman kann es nicht fassen, aber es ist eine schreckliche Sache zum Beobachten. 

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