Vergangene Woche wurde in den USA die Agrargesetzgebung („Farm Bill“) im Repräsentantenhaus verabschiedet.
Etwas Schreckliches ist der Seele
der Republikanischen Partei widerfahren. Es ist jenseits von schlechter
ökonomischen Lehre. Es geht über Egoismus und Interestenvertretung hinaus,
bemerkt Paul Krugman in seiner
lesenswerten Kolumne (“Hunger Games, USA”)
am Montag in NYTimes dazu. Die Rede ist von einem Geisteszustand, mit Freude Menschen in
einer bereits miserablen Lage weiteres Leid zuzufügen.
Seit Jahrzehnten hat die
Agrargesetzgebung in den USA zwei Pfeile: Direktzahlungen (d.h. Subventionen)
an Landwirte und Lebensmittelprogramme (Ernährungshilfe für Amerikaner in Not),
v.a. in Form von Essensmarken (heute SNAP
genannt: Supplemental Nutrition Assistance Program).
Vor langer Zeit wurden
Subventionen an arme Landwirte, als eine Form der Unterstützung für Menschen in
Not verteidigt. Im Laufe der Jahre fielen die zwei Pfeile jedoch auseinander.
Agrarsubventionen wurden zu einem von Betrug heimgesuchten Programm, welches
v.a. Unternehmen und vermögenden Privatpersonen zu Gute kam. Inzwischen wurden
Essensmarken (food stamps) zu einem entscheidenden Teil des sozialen Netzes, beschreibt
Krugman.
Die Republikaner im
US-Repräsentantenhaus haben Agrarsubventionen an Landwirte zugestimmt, und zwar
in einem höheren Mass als vom Senat oder vom Weissen Haushaus vorgeschlagen
wurde, während Essensmarken von der Farm
Bill vollständig abgespalten worden sind. Begründung der Republikaner: „Sie
sind persönlich frei, um Armen zu helfen. Aber der Staat hat kein Reicht,
Menschen das Geld abzunehmen und sie die Pistole auf sie richtend zu zwingen,
es Armen zu geben“.
Lebensmittelmarken und
US-Wirtschaft, Graph: Prof. Paul Krugman
Angesichts dieser Doppelmoral
denkt Krugman nicht, dass das Wort „Heuchelei“ hier der Sache gerecht werde. Es
geht wie in der Klima-Debatte offenbar um die Theorie auf der rechten Seite des
politischen Spektrums, dass wir dank staatlichen Programmen so viel
Arbeitslosigkeit haben. Das heisst, dass die Menschen dafür bezahlt würden,
nicht zu arbeiten. Hierbei sei daran erinnert, dass die Suppenküchen angeblich
die Grosse Depression verursacht hätten! Ist es ein Scherz? Glaubt man wirklich
daran, dass Amerikaner die Freizeit geniessen, nur weil sie 134 $ pro Monat
bekommen? Das ist die Sozialhilfe via SNAP.
Doch wenn man es so tun würde,
als nähme man es ernst, müsste man sich fragen, was denn hier los ist? Ist es
einfach Rassismus? Kein Zweifel, die alten rassistischen Falschmeldungen haben
noch etwas Zugkraft, legt Krugman dar: wie Ronald Reagans Image von „kräftigen
jungen Kerlen, die Essensmarken in Anspruch nehmen, um damit ein T-Bone-Steak
zu kaufen“. In diesen Tagen sind aber fast die Hälfte der Empfänger der
Lebensmittelhilfe nicht-hispanische Weissen. Es hat also mit Rassen nichts zu
tun, so Krugman.
Worum geht es dann? Irgendwie ist
eine der zwei grossen Parteien durch eine fast pathologische böse-Feurigkeit
infiziert worden, eine Verachtung, die durch Rick Santelli von CNBC in seiner
berühmten Schmipftirade, die die Tea Party ins Leben rief, mit der Bezeichnung
als „losers“ (Versager) zum Ausdruck gebracht wurde. Wenn Sie ein Amerikaner sind und vom
Glück verlassen wurden, wollen diese Leute Ihnen nicht helfen. Sie versetzen
Ihnen sogar einen zusätzlichen Fusstritt. Krugman kann es nicht fassen, aber es
ist eine schreckliche Sache zum Beobachten.
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