Sonntag, 21. Juli 2013

Ein China Schock

Das ganze Wirtschaftsmodell Chinas ist scheinbar an seine Grenzen gestossen, schrieb Paul Krugman am vergangenen Freitag in seiner lesenswerten Kolumne in NYTimes.

Das chinesische Modell steht kurz davor, gegen die Grosse Mauer zu fahren.  Chinas verbrauchsarme hohe Investitionen sehen wie eine Art Schneeballsystem (Ponzi scheme) aus, lautet die eine Methapher des an der University of Princeton lehrenden Wirtschaftsprofessors.

Unternehmen investieren wie verrückt, nicht, um Kapazitäten für Verbraucher aufzubauen, die ja nicht viel kaufen, sondern um die Käufer von Investitionsgütern zu versorgen. Im Grunde genommen investieren chinesische Unternehmen, um aus den künftigen Investitionen Vorteile zu ziehen, was im Endeffekt noch mehr Kapazitäten bedeutet. Die Antwort auf die Frage, ob es jemals endgültige Käufer für all das geben würde, was die Kapazität herstellen könnte, bleibt jedoch laut Krugman unklar. Es ist also wie ein Schneeballsystem. Und China scheint nicht zu wissen, wie das Wachstum gebremst werden kann. Marktwirtschaft ist wie ein Fahrrad: Bleibt sie stehen, kippt sie um, lautet die andere Methapher.

Nun stellt Krugman in seinem Blog weitere Überlegungen an, wie stark der Aufprall sein würde:

(1) Es gibt „mechanische“ Verknüpfungen via Exporte, welche überraschend klein sind.

(2) Die Rohstoffpresie, die eine grosse Rolle spielen könnten.

(3) Die politische und internationale Stabilität, die einige schwerwiegende Risiken beinhalten.


Ad 1) Das steht auf der ersten Stelle, woran viele Leute sofort denken: Chinas Wirtschaft stolpert. China kauft deshalb vom Rest der Welt weniger. Und das Ergebnis ist ein globaler Einbruch. Oder vielleicht auch nicht so viel.

Im Jahr 2011 belief sich das kombinierte BIP aller Volkswirtschaften ohne China auf rund 60‘000 Mrd. $. Chinesische Einfuhren von Waren und Dienstleistungen betrugen 2‘000 Mrd. $, d.h. rund 3% des restlichen Welt-BIP.

Nun angenommen, dass Chinas Wachstum sich im Verhältnis zum Trend um 5% verlangsamen würde. Die Einfuhren würden um mehr als das fallen. Die Schätzung für die Einkommenselastizität beträgt rund 2%. Das heisst, dass chinesische Importe um 10% fallen würden. Für den Rest der Welt bedeutet dies ein Schock in Höhe von 0,3% des BIP. Nicht nichts, aber auch nicht katastrophal, argumentiert Krugman.

Und auch dies ist wohl eine Übertreibung, weil ein erheblicher Teil der chinesischen Einfuhren Komponente für seine Ausfuhren darstellen, und daher nicht von der Binnennachfrage in China abhängen.

Fazit: Die mechanischen Verbindungen via Handelsströme sind relativ klein, obwohl sie viele grössere Masse für einige Nachbarn von China annehmen könnten. Für die USA wären sie aber kleiner.

Ad 2) Die Rohstoffpreise bieten eine potenziell grössere Geschichte. China ist einer der grösster Verbraucher von Rohstoffen. Zum Beispiel rund 11% des weltweiten Ölverbrauchs. Und weil das Angebot und die Nachfrage von Rohstoffen auf Preise auf kurze Sicht relativ unempfänglich reagieren, könnte ein starker Rückgang der chinesischen Nachfrage zu starken Rückgängen der Rohstoffpreise führen. Die Länder, die Rohstoffe verkaufen, würden von einem Schock aus China stärker betroffen als die Länder, die nach China exportieren.

Ad 3) Was die politischen und internationalen Beziehungen betrifft, hebt Krugman hervor, dass er in dieser Hinsicht kein Experte ist. Was aber offensichtlich ist das heuchlerische politische Regime Chinas: offiziell bildet es die sozialistische Zukunft des Landes auf, aber praktisch führt es den Vorsitz einer Vetternwirtschaft Gilded Age. Wo kommt die Legitimität des Regimes her? Hauptsächlich aus dem wirtschaftlichen Erfolg. Was passiert aber, wenn dieser Erfolg ins Wanken gerät?

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