“Austerity Fatigue” ist das Wort der Woche in Europa. Denkt die EU über eine Änderung der Haushaltspolitik nach? Während über eine Entspannung des harschen Kurses der Austeritätspolitik Überlegungen angestellt werden, berichtet Robert Frank in einem lesenswerten Artikel („Austerity Won’t Work if the Roof is Leaking“) in NYTimes von seinem einwöchigen Aufenthalt in Berlin.
Die ganze Stadt scheint sich im
Bau befinden, bemerkt der an der Cornell
University, Johnson Graduate School of Management lehrende Wirtschaftsprofessor. In jeder Richtung dominieren Kräne und andere schwere
Ausrüstung die Landschaft. Obwohl viele Projekte im privaten Sektor laufen,
werden unzählige andere Projekte einschliesslich von Brücken und
Autobahn-Reparaturen, neuen U-Bahn-Stationen und anderer Infrastruktur durch
die Steuerzahler finanziert.
Aber Moment mal! War es nicht
Deutschland die ganze Zeit der entscheidende Befürworter von Sparmassnahmen
nach der Finanzkrise? Ja, aber sie verstehen auch zwischen Konsum und
Investitionen zu unterscheiden, legt Frank dar. Durch die Kreditaufnahme haben sie Investitionen getätigt, die mit
dem in Zukunft anfallenden Nutzen die Kosten bei weitem überwiegen werden. Es
gibt nichts Tollkühnes darüber.
Die Deutschen haben sich in der Debatte
über die Stimulus-Politik nicht festgefahren. Und sie bezeichnen ihre
Investitionen in Infrastruktur nicht explizit als Stimulus. Aber das hindert
sie nicht daran, ihre Strategie mit bemerkenswerten Wirksamkeit durch die
Beschäftigung von Menschen durchzusetzen, argumentiert Frank weiter.
Es ist lachhaft, dass die
Befürworter der Austeritätspolitik fordern, die Reparaturen an der
Infrastruktur zu verschieben, bis die Staatshaushalte ins Gleichgewicht kommen.
Würden sie aber einer Familie mit Schulden auch raten, die Festsetzung eines undichten
Dachs zu verschieben? Wegen der Verzögerung würde nicht nur die Reparatur teuer
zu stehen kommen, sondern auch der Wasserschaden inzwischen enorm steigen. Es
ist dieselbe Logik für die Infrastruktur.
Die Vertreter der Austerität, die
praktisch ständig falsch lagen, werden wahrscheinlich ihre Meinung über die
Stimulus-Politik nicht ändern. Aber die beste verfügbare Option ist soweit, die
zerfetzte Infrastruktur wieder aufzubauen, und zwar zu Ausverkaufpreisen (nach
einem Brandschaden). Wenn die Anhänger der Austerität damit nicht einverstanden
sind, dann sollen sie es in einfachem Englisch erklären, fasst Frank als Fazit zusammen.
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