Wirtschaftsdaten werden am besten als eine besonders langweilige Genre der Science-Fiction angesehen. Aber die chinesischen Daten sind noch fiktiver als die meisten, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Hitting China’s Wall“) am Freitag in NYTimes: Bedenkt man die schiere Grösse des Landes mit einer geheimnisvollen Regierung und einer kontrollierten Presse, erweist sich als schwierig, herauszufinden, war in China wirklich passiert, im Vergleich zu jeder anderen bedeutenden Volkswirtschaft auf der Welt.
Doch die Zeichen sind jetzt
unverkennbar. China is in grossen Schwierigkeiten. Die Rede ist nicht von irgendeinem
kleinen Rückschlag. Es ist viel mehr: etwas Fundamentales. Die ganze Art und Weise,
wie das Land im ökonomischen System Geschäfte (unglaubliches Wachstum in drei
Jahrzehnten) macht, hat auf seine Grenzen gestossen. Man könnte sagen, dass
Chinas Modell sich gerade anschickt, gegen die Wand zu fahren. Und es ist nur
die Frage dessen, wie schlimm der Absturz sein wird.
Krugman fährt dann mit den Daten
fort, wie unzuverlässig sie auch sein mögen. Was sofort auffällt, ist das
schiefe Gleichgewicht zwischen Konsum und Investitionen. Fast die Hälfte von BIP entfällt auf Investitionen. Wie ist das überhaupt
möglich? Die Geschichte, die am meisten Sinn macht, beruht auf einer alten
Einsicht des Ökonomen Arthur W. Lewis, erklärt der an der Princeton University lehrende
Wirtschaftsprofessor.
Lewis hat argumentiert, dass die
Länder in den früheren Stadien der wirtschaftlichen Entwicklung i.d.R. einen kleinen modernen Sektor neben
einem grossen traditionellen Sektor mit einem „Überschuss an Arbeit“ (surplus labor) haben: unterbeschäftigte
Bauern steuern im besten Fall einen marginalen Beitrag zur
gesamtwirtschaftlichen Leistung bei.
Die Existenz von Überschuss an
Arbeit hat laut Krugman wiederum zwei Effekte: (1) Solche Länder können für
eine Weile massiv in neue Fabriken, den Bausektor und so weiter investieren,
ohne abnehmende Erträge, weil sie aus den ländlichen Gegenden Arbeitskräfte
beziehen können. (2) Die Konkurrenz aus dieser Reserve an Mehr-Arbeitskräfte
sorgt dafür, dass die Löhne niedrig bleiben, auch wenn die Wirtschaft weiter
wächst.
Die Überschuss an Bauern wird,
grob ausgedrückt, langsam knapp. Das sollte eine gute Sache sein, wie Krugman
darlegt. Die Löhne steigen endlich. Gewöhnliche Chinesen fangen an, die
Früchte des Wachstums zu teilen. Aber es
bedeutet auch, dass die chinesische Wirtschaft plötzlich mit der Notwendigkeit
für ein drastisches „Rebalancing“
konfrontiert wird. Investitionen stehen jetzt vor dem Gesetz des abnehmenden
Ertrags. Und der Konsum muss nun drastisch steigen, um
seinen Platz einzunehmen. Die Frage ist, ob dies schnell genug geschehen kann,
um einen bösen Einbruch zu vermeiden.
Die Antwort darauf scheint laut
Krugman ein Nein zu sein. Die Notwendigkeit für Rebalancing war seit Jahren
offensichtlich. Aber China hat die erforderlichen Änderungen auf die lange Bank
geschoben.
Was hat das Ganze für den Rest
der Welt zu bedeuten? Westliche Volkswirtschaften gehen zur Zeit durch ihren „Minsky Moment“, einen Punkt, wo
überschuldete Kreditnehmer im privaten Sektor alle gleichzeitig versuchen, ihre
Schulden abbauen, was einen allgemeinen Einbruch provoziert. Chinas
wirtschaftliche Probleme sind das letzte, was der Rest von uns benötigen, fasst
Krugman als Fazit zusammen: „Viele Leser mögen jetzt ohne Zweifel ein
intellektuelles Schleudertrama spüren. Erst neulich hatten wir Angst vor
Chinesen. Jetzt haben wir Angst um sie. Aber die Situation hat sich nicht
verbessert“.
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