Freitag, 14. März 2014

Wer hat Angst vor einem Anstieg der Löhne in der westlichen Welt?

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt bleibt tragisch. Paul Krugman befasst sich vor diesem Hintergrund in seiner lesenswerten Kolumne („Fear of Wages“) am Freitag in NYTimes, wie die Debatte über die Wirtschaftspolitik von der Elite bereits vor vier Jahren trotzdem gelenkt wurde.

Die einflussreichen Menschen in der ganzen westlichen Welt haben sich davon überzeugen lassen, warum das Thema Haushaltsdefizit eine vielmehr existenzielle Bedrohung darstellt als die Massenarbeitslosigkeit, so der noch an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Das Ergebnis war eine Wendung zu harschen Sparmassnahmen (fiscal austerity), die die Wirtschaftskrise inzwischen vertieft und verlängert haben, mit unermesslichem Leid für die Menschen.

Und es passiert wieder. Plötzlich scheint es so, als ob alle seriösen Menschen einander erzählen würden, dass es auf dem Arbeitsmarkt trotz der hohen Arbeitslosigkeit kaum Flaute herrscht und die Fed bald anfangen soll, die Zinsen zu erhöhen, um die Gefahr von Inflation auszuschalten.

Insgesamt würde Umsicht sicherlich nahelegen, dass noch abgewartet werden soll, bis es handfeste Beweise für einen Anstieg der Löhne gibt. Und dann gelte es zuzuwarten, bis das Lohnwachstum zumindest wieder auf das Vorkrisenniveau oder vorzugsweise höher kommt.

Doch aus irgendeinem Grund gibt es einen wachsenden Paukenschlag von Forderungen, dass wir nicht warten sollen und uns stattdessen darauf vorbereiten, die Zinsen sofort oder zumindest sehr bald anzuheben.

Worum geht es?



Employment Cost Index (ECI)  USA (“Personalkosten”, d.h. Löhne und Zusatzleistungen), Graph: Prof. Paul Krugman

Die Antwort ist zum Teil, dass es für manche Leute immer noch 1979 ist. Damals wurde ewig Wachsamkeit gegen die Gefahr einer ausser Kontrolle geratenen Lohn-Preis-Spirale an den Tag gelegt. Und irgendwie haben diese Menschen nicht wahrgenommen, dass seit Jahrzehnten so etwas nicht mehr passiert ist.

Und zudem gibt es den Sado-Monetarismus (mehr dazu hier), nur allzu häufig im Bank-Wesen, in dem Sinne, dass es gut sei, weitere Schmerzen hinzuzufügen.

Schliesslich kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, als ob auch Klasseninteressen eine Rolle spielen würden, obwohl die gegenwärtige monetäre Debatte politisch nicht so offen ist wie die vorangegangene Debatte über den Haushalt.

Eine ganze Reihe von Kommentatoren scheinen seltsam aufgeregt, wegen der Vorstellung, dass die Arbeitnehmer mehr Lohn bekämen, während v.a .die Zinserträge für die Anleihegläubiger gering bleiben.

Sie tun so, als ob sie sich mit der Investor-Klasse identifizieren würden und sich dabei von allem, was für Vollbeschäftigung sorgen kann, unwohl fühlen, wobei Vollbeschäftigung als Verhandlungsmacht zu Gunsten der Arbeitnehmer angesehen wird.

Was auch immer die zugrunde liegenden Motive sind, den geldpolitischen Kurs an absehbarer Zeit zu straffen, wäre eine sehr, sehr schlechte Idee, legt Krugman dar.

Gibt es aber tatsächlich ein Lohnwachstum? Das ist laut Krugman alles andere als klar. Aber wenn dem so wäre, sollten wir einen Anstieg der Löhne als eine erfreuliche Entwicklung sehen und weiter fördern, nicht als als eine Bedrohung betrachten, die man mit der Politik der Geldverknappung (tight money policy) zerquetschen müsste.



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