Die Situation auf dem
Arbeitsmarkt bleibt tragisch. Paul
Krugman befasst sich vor diesem Hintergrund in seiner lesenswerten Kolumne
(„Fear of Wages“) am Freitag in NYTimes, wie die Debatte über die Wirtschaftspolitik von der Elite bereits vor
vier Jahren trotzdem gelenkt wurde.
Die einflussreichen Menschen in
der ganzen westlichen Welt haben sich davon überzeugen lassen, warum das Thema
Haushaltsdefizit eine vielmehr existenzielle Bedrohung darstellt als die
Massenarbeitslosigkeit, so der noch an der Princeton
University lehrende Wirtschaftsprofessor.
Das Ergebnis war eine Wendung zu
harschen Sparmassnahmen (fiscal austerity),
die die Wirtschaftskrise inzwischen vertieft und verlängert haben, mit
unermesslichem Leid für die Menschen.
Und es passiert wieder. Plötzlich
scheint es so, als ob alle seriösen Menschen einander erzählen würden, dass es
auf dem Arbeitsmarkt trotz der hohen Arbeitslosigkeit kaum Flaute herrscht und
die Fed bald anfangen soll, die Zinsen zu erhöhen, um die Gefahr von Inflation
auszuschalten.
Insgesamt würde Umsicht
sicherlich nahelegen, dass noch abgewartet werden soll, bis es handfeste
Beweise für einen Anstieg der Löhne gibt. Und dann gelte es zuzuwarten, bis das
Lohnwachstum zumindest wieder auf das Vorkrisenniveau oder vorzugsweise höher kommt.
Doch aus irgendeinem Grund gibt
es einen wachsenden Paukenschlag von Forderungen, dass wir nicht warten sollen
und uns stattdessen darauf vorbereiten, die Zinsen sofort oder zumindest sehr
bald anzuheben.
Worum geht es?
Employment Cost Index (ECI) USA (“Personalkosten”,
d.h. Löhne und Zusatzleistungen), Graph:
Prof. Paul Krugman
Die Antwort ist zum Teil, dass es
für manche Leute immer noch 1979 ist. Damals wurde ewig Wachsamkeit gegen die
Gefahr einer ausser Kontrolle geratenen Lohn-Preis-Spirale an den Tag gelegt.
Und irgendwie haben diese Menschen nicht wahrgenommen, dass seit Jahrzehnten so
etwas nicht mehr passiert ist.
Und zudem gibt es den Sado-Monetarismus (mehr dazu hier),
nur allzu häufig im Bank-Wesen, in dem Sinne, dass es gut sei, weitere Schmerzen
hinzuzufügen.
Schliesslich kann man sich des
Eindrucks nicht erwehren, als ob auch Klasseninteressen eine Rolle spielen
würden, obwohl die gegenwärtige monetäre Debatte politisch nicht so offen ist
wie die vorangegangene Debatte über den Haushalt.
Eine ganze Reihe von
Kommentatoren scheinen seltsam aufgeregt, wegen der Vorstellung, dass die
Arbeitnehmer mehr Lohn bekämen, während v.a .die Zinserträge für die Anleihegläubiger
gering bleiben.
Sie tun so, als ob sie sich mit
der Investor-Klasse identifizieren würden und sich dabei von allem, was für
Vollbeschäftigung sorgen kann, unwohl fühlen, wobei Vollbeschäftigung als
Verhandlungsmacht zu Gunsten der Arbeitnehmer angesehen wird.
Was auch immer die zugrunde
liegenden Motive sind, den geldpolitischen Kurs an absehbarer Zeit zu straffen,
wäre eine sehr, sehr schlechte Idee, legt Krugman dar.
Gibt es aber tatsächlich ein
Lohnwachstum? Das ist laut Krugman alles andere als klar. Aber wenn dem so
wäre, sollten wir einen Anstieg der Löhne als eine erfreuliche Entwicklung sehen
und weiter fördern, nicht als als eine Bedrohung betrachten, die man mit der
Politik der Geldverknappung (tight money
policy) zerquetschen müsste.
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