Einige Konservative
argumentieren, dass die Fokussierung auf Ungleichheit un-amerikanisch sei und
dass Amerika diejenigen, die Reichtum erreicht haben, immer gefeiert habe,
schreibt Paul Krugman in seiner
lesenswerten Kolumne („America’s Taxation
Tradition“) am Freitag in NYTimes.
Und sie haben Recht. Kein echter
Amerikaner würde sagen:
“The absence of effective State, and, especially, national, restraint upon unfair money-getting has tended to create a small class of enormously wealthy and economically powerful men, whose chief object is to hold and increase their power”
Und der Aussage folgendes hinzufügen:
“A graduated inheritance tax on big fortunes ... increasing rapidly in amount with the size of the estate.”
Welcher Linker war es aber, der diese Aussage gemacht hat? Theodore Roosevelt im Jahr 1910.
Die Wahrheit ist, dass im frühen 20. Jahrhundert viele
führende Amerikaner vor den Gefahren der extremen Reichtum-Konzentration warnten
und darauf drängten, Steuerpolitik einzusetzen, um das Wachstum des grossen
Vermögens zu begrenzen.
Es gibt ein weiteres Beispiel: Der berühmte Ökonom Irving Fisher hat seine Präsidialansprache der American Economic Association gewidmet,
vor allem, um vor Auswirkungen einer „undemokratischen Verteilung des Reichtums“
zu warnen. Und er hat sich dafür ausgesprochen, das ererbte Vermögen durch hohe
Besteuerung von Immobilien zu limitieren.
Noch war die Vorstellung von der Begrenzung der
Reichtum-Konzentration, vor allem des ererbten Reichtums nur eine Rede. Der
Ökonom Thomas Piketty deutet nun in
seinem Buch „Kapital im 21. Jahrhundert“ darauf hin, dass Amerika
Einkommenssteuer 1913 und Erbschaftssteuer 1916 vorgestellt und damit für das
Aufkommen der progressiven Besteuerung den Weg geebnet hat.
Die „enteignende Besteuerung des übermässigen Einkommens
zielte darauf ab, die Ungleichheit in Bezug auf Einkommen und Vermögen zu
reduzieren. Das war laut Piketty eine amerikanische Erfindung.
Damals, als Roosevelt seine Rede hielt, realisierten viele
nachdenkliche Menschen, dass die New
World gefährdet war, sich in Old
Europe zu verwandeln, schildert Krugman. Und sie waren direkt und offen mit
dem Argument, dass die öffentliche Politik versuchen sollte, die Ungleichheit
aus sozialen und ökonomischen Gründen zu limitieren. Denn die Reichtum-Fülle in wenigen Händen stellte eine Gefahr für die Demokratie dar.
Man hört manchmal das Argument, dass die Vermögen-Konzentration
kein wichtiges Thema sei. Aber der Anteil des Vermögens an der Spitze hat sich
seit den 1980er Jahren verdoppelt und ist heute so hoch, als Teddy Roosevelt und
Irving Fisher ihre Warnungen aussprachen.
Wir sind laut Krugman noch nicht eine Gesellschaft mit einer
erblichen Aristokratie des Reichtums, sondern werden, wenn sich nichts ändert, eine
solche Art von Gesellschaft in den nächsten Jahrzehnten.
Kurz gesagt basiert die Verteufelung von Menschen, die über
die Gefahren des konzentrierten Reichtums reden, auf einer Fehlinterpretation sowohl
der Vergangenheit als auch der Gegenwart, legt Krugman als Fazit dar.
Darüber zu reden ist nicht un-amerikanisch. Es ist viel mehr die amerikanische Tradition. Und es ist
nicht irrelevant für die moderne Welt. Die Frage ist also, wer wird Teddy
Roosevelt heutiger Generation?
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