Die britische Zentralbank (Bank
of England) hat vergangene Woche einen viel beachteten Artikel (“Money creation in the modern economy“)
veröffentlicht.
Die Mitarbeiter der BoE erklären im „Quarterly
Bulletin 2014 Q1“ die Geldschöpfung auf eine Art und Weise, die einigen herkömmlichen
und bewährten Lehrbüchern der Ökonomie im krassen Widerspruch steht.
Die Autoren beschreiben, dass das
meiste Geld in der modernen Wirtschaft durch die Kreditvergabe der Geschäftsbanken
geschaffen wird. Die Banken agieren nicht einfach als Vermittler (intermediaries), die die Einlagen, die
die Sparer bei den Banken hinterlegen, als Kredit weiter geben. Und sie „vermehren“
auch nicht die Notenbankgeldmenge (monetary
base), um neue Kredite und Einlagen zu schöpfen.
Die Menge des Geldes, die in
einer Wirtschaft geschaffen wird, hängt letztlich von der Geldpolitik der
Zentralbank ab. In normalen Zeiten geschieht dies durch die Festlegung der Zinsen.
Die Zentralbank kann also auf die Menge des Geldes direkt Einfluss nehmen,
indem sie Vermögenswerte (assets) im
Markt aufkauft oder „QE-Politik“,
d.h. mengenmässige Lockerung der Geldpolitik betreibt.
In der modernen Wirtschaft erfolgt
das meiste Geld in Form von Bank-Einlagen. Wie diese Bank-Einlagen geschaffen
werden, wird aber zumeist missverstanden, unterstreichen die Verfasser des
Artikels. Der wichtigste Weg geht durch die kommerziellen Banken, die Kredite
vergeben. Wann immer eine Bank ein Darlehen gibt, schafft sie gleichzeitig eine
entsprechende Einlage im Konto des Kreditnehmers bei der Bank. So wird Geld
geschöpft.
Wie Geldschöpfung geschieht, Graph: Bank of England (BoE) in: Quarterly Bulletin 2014 Q1
Die Realität der Geldschöpfung
unterscheidet sich heute von der Beschreibung in einen Ökonomielehrbüchern. Es
ist nicht so, dass die Banken unbedingt auf die Einlagen von privaten Haushalten
(die sparen und damit bei den Banken Ersparnisse hinterlegen), angewiesen sind,
um Kredit zu vergeben. Nein. Die Banken schaffen Einlagen durch die
Kreditvergabe. Gibt die Bank einen Kredit, wird auf diese Weise Einlagen
geschaffen.
In normalen Zeiten legt die
Zentralbank die Menge des Geldes im Umlauf (money
in circulation) nicht fest. Die Notenbankgeldmenge (=Giroguthaben der
Banken bei der Zentralbank + Notenumlauf) „multipliziert“ sich auch nicht in mehr
Darlehen und Einlagen.
Obwohl die Geschäftsbanken durch
Kreditvergabe Geld schöpfen, können sie es nicht freizügig ohne Limit tun.
Banken sind eingeschränkt, wie viel Kredit sie vergeben, wenn sie in einem
wettbewerbsfähigen Banken-System profitabel bleiben wollen.
Aufsichtsvorschriften wirken als Einschränkung für die Aktivitäten der Banken,
um die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten.
Und die privaten Haushalte und
Unternehmen, die das durch die Kreditvergabe geschaffene Geld kriegen, mögen
auch etwas unternehmen, was auf den Geldbestand (stock of money) Einfluss hat. Das Geld können sie nämlich rasch
wieder „vernichten“, wenn sie z.B. damit ihre bereits bestehenden Schulden
zurückzahlen.
Zudem wirkt Geldpolitik als die
ultimative Einschränkung für die Geldschöpfung. Die BoE strebt beispielsweise an,
dass die Höhe der Geldschöpfung in der Wirtschaft mit einer niedrigen und
stabilen Inflationsrate im Einklang steht.
In der Regel führt die BoE die Geldpolitik
durch die Festlegung des Zinssatzes für die Zentralbank-Reserven durch. Dieser
wirkt sich dann auf eine Reihe von Zinsen in der Wirtschaft aus, einschliesslich
der Zinssätze für Bank-Darlehen.
In Ausnahmefällen, wenn die Zinsen
z.B. nahe Null-Grenze (zero lower bound)
liegen, kann es vorkommen, dass die Geldschöpfung in der Wirtschaft weiterhin
zu niedrig ist, was die geldpolitischen Zielsetzungen der Zentralbank betrifft.
Eine Möglichkeit, darauf zu
antworten, ist, eine Reihe von Asset-Käufen zu tätigen. Zum Beispiel in Form
von quantitative easing (QE policy), d.h. mengenmässige Lockerung
der Geldpolitik. Mit QE will die Zentralbank die Menge des Geldes in der
Wirtschaft direkt durch den Kauf von Assets (hauptsächlich von
Nicht-Banken-Finanzunternehmen) erhöhen.
QE erhöht zunächst die Menge an
Einlagen bei den Banken von denjenigen Unternehmen, die die Assets verkaufen.
Diese Unternehmen sind dann bestrebt, ihre Asset-Portfolio wieder ins
Gleichgewicht zu bringen, dadurch dass sie Assets, die höhere Erträge abwerfen (high-yielding) kaufen, und damit den
Preis dieser Assets in die Höhe treiben und damit die Ausgaben in der
Wirtschaft ankurbeln.
Als ein Nebenprodukt von QE
werden neue Bank-Reserven geschaffen. Aber diese sind nicht ein wichtiger Teil
des Transmissionsmechanismus. Diese Reserven können nicht in mehr Kredite und
Einlagen „multipliziert“ werden. Die Autoren lehnen damit das geld-theoretische
Modell von Geldschöpfungsmultiplikator ab.
Fazit: Wenn eine Bank ein
neues Darlehen gewährt, schafft sie damit gleichzeitig auch Einlagen. Die Bank schöpft also (in
einem modernen fiat-money System) aus
dem Nichts („from thin air“) Geld. Das
heisst, dass die Banken nicht die Einlagen der Sparer als Kredit vergeben. Wenn
eine Bank an jemanden, der ein Haus kaufen will, Darlehen gibt, wird im Moment
der Kreditvergabe dem Konto des Kreditnehmers in Höhe des Darlehens Einlagen gutgeschrieben.
Damit wird Geld (new money)
geschöpft. Es gibt Ökonomen wie z.B. Steve Keen, die sich in den vergangenen Jahren mit der „endogenen Geldschöpfung“
intensiv beschäftigt haben.
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