Jeff Frankel schreibt in einem lesenswerten Essay („Fischer, the Fed and US growth“) in Project Syndicate, dass secular stagnation eines der Themen für die US-Notenbank im
kommenden Jahr sein werde.
Die Rede ist
von einer provokativen These über langanhaltende Stagnation der Wirtschaft,
gestützt auf die Beobachtungen und Besorgnisse über das langsame Wachstumstempo
im Sog der Finanzkrise von 2008.
Die These
wurde neulich von Larry Summers dargelegt.
Der ehemalige US-Finanzminister begründet das langsame Wachstum der Wirtschaft
mit dem Hinweis auf eine grundlegende Strukturveränderung (säkulare Stagnation): Der natürliche (reale, um die Inflation
bereinigte) Zinssatz, also der Gleichgewichtszins sei unter die Marke Null gefallen, und betrage zur Zeit wahrscheinlich minus 2-3%, und zwar
wie es aussieht „für immer“.
Es gibt zwei
mögliche Gründe dafür, so Summers: (1) eine globale Ersparnisseschwemme (saving glut) v.a. aber aus Asien und (2) ein langfristiger IT-bedingter
Rückgang der relativen Preise von Investitionsgütern, wodurch notwendige
Investitionen im Verhältnis zu Einsparungen ausbleiben.
Paul Krugman hingegen, der auf der gleichen IWF-Konferenz aufgetreten
ist, bietet eine eher wahrscheinlichere Erklärung: Das Ganze hat mit der rückläufigen
Bevölkerungsentwicklung und/oder Produktivitätswachstum zu tun.
Was auch
immer die Ursache ist, wenn Summers richtig liegt, dann sind wir in grossen
Schwierigkeiten, unterstreicht Frankel. Die Zentralbanken haben i.d.R: Mühe,
die Realzinsen in Rezessionen ausreichend niedrig zu halten. Weil die nominalen
Zinsen nicht unter Null fallen können. Laut Summers bedeutet der negative
Gleichgewichtszinssatz ein chronisch langsames Wirtschaftswachstum.
US-Produktionslücke
(Schätzung), Graph: Dave Reifschneider,
William L. Wascher and David Wilcox in: Aggregate Supply in the United States:
Recent Developments and Implications for the Conduct of Monetary Policy, Nov
2013
Die
Fed-Mitarbeiter sind jedoch weniger anfällig für Theorien über
Paradigmenwechsel als Professoren, hebt Frankel weiter hervor. David Wilcox, Direktor für Forschung und Statistik bei der Fed und
sein Team argumentieren beispielsweise, dass der schwere Abschwung, der im
Dezember 2007 ausgelöst wurde, den Kapitalstock und die Arbeitskräfte (Grösse
und Eigenschaften) beeinträchtige. Das träge Wirtschaftswachstum und die
schwache Beschäftigung seien daher ein Ergebnis der Finanzkrise, nicht ein
exogener Strukturwandel.
Unternehmen
tätigen ohne Kunden keine Investitionen in neue Fabriken, auch wenn die
Kapitalkosten niedrig sind, während Menschen, die lange Zeit arbeitslos sind,
aus dem Arbeitsmarkt fallen. Im Ergebnis erfolgen Produktionskapazität und die
effektive Arbeitskräfte auf abgeschwächten Wachstumspfaden. Der kumulative
Versorgungsengpass mag deswegen länger anhalten als dass die gegenwärtige Produktionslücke
auf den gesamtwirtschaftlichen Nachfrageausfall zurückgeführt werden kann.
Die Autoren der
Forschungsarbeit schätzen ferner, dass die Produktionslücke (output gap) in der US-Wirtschaft heute
7% unter dem Niveau von 2007 liegt. Daher befürworten sie, dass die Fed mit der
lockeren Geldpolitik auch 2014 fortfährt.
Frankel hält
als Fazit fest, dass heute kein Grund zur Sorge besteht, sich über langfristige
Verschuldungsproblematik den Kopf zu zerbrechen. Mehr Sorgen bereite die
fiskalpolitische Kontraktion in den vergangenen drei Jahren, die auf der gesamtwirtschaftlichen
Nachfrage lastet. Doch das Ende der negativen Beiträge der restriktiven Fiskalpolitik
sei ein Grund zum Feiern.
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