Steigende Ungleichheit ist kein
neues Problem. Aber die Politiker, eingeschüchtert durch die „Klassenkampf“-Rufe,
haben sich davon zurückgehalten, um aus der ständig wachsenden Kluft zwischen
den Reichen und dem Rest ein grosses Problem darzustellen, schreibt Paul
Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („Why Inequality Matters“)
am Montag in NYTimes.
Das dürfte sich jetzt ändern. Die
Diskussion hat sich so gewandelt, dass eine Gegenreaktion von Experten kommt:
Die Ungleichheit ist keine grosse Sache. Damit liegen sie aber falsch,
unterstreicht Krugman.
Die Daten belegen, dass die
Ungleichheit so rasch steigt, dass sie nun zu einem Hemmschuh für das Einkommen
von gewöhnlichen Amerikanern wird, auch wenn die US-Wirtschaft zur Zeit die
schlimmste Krise seit den 1930er Jahren erlebt.
Und wenn man eine längere Perspektive
nimmt, ist festzustellen, dass die wachsende Ungleichheit mit Abstand der
wichtigste Einzelfaktor für die schwache Entwicklung des Einkommens der
Mittelschicht ist.
Darüber hinaus ist es allgemein
akzeptiert, dass die steigende Verschuldung der privaten Haushalte den Weg für
die wirtschaftliche Krise bereitet hat. Der Anstieg der Schulden fiel mit der
wachsenden Ungleichheit zusammen. Die
beiden hängen also wahrscheinlich zusammen, so Krugman.
Nachdem Ausbruch der Krise lastete
die anhaltende Verlagerung des Einkommens weg von dem Mittelstand ab in
Richtung einer kleinen Elite auf der Nachfrage der Verbraucher, sodass die
Ungleichheit sowohl mit der Wirtschaftskrise als auch mit der trägen Erholung
der Konjunktur zusammenhängt.
Die Politik spielt jedoch aus
Sicht von Krugman die wirklich entscheidende Rolle in Sachen Ungleichheit.
In den Jahren vor der Krise gab
es einen bemerkenswerten parteiübergreifenden Konsens in Washington zu Gunsten
der Deregulierung der Finanzmärkte. Die Deregulierung hat dazu beigetragen,
dass die Krise möglich geworden ist. Und die vorzeitige Wende an die
Austeritätspolitik hat viel mehr als alles andere getan, um die Erholung der
Wirtschaft zu behindern. Beides dient den Interessen und Vorurteilen einer
Wirtschaftselite, deren politischer Einfluss in Verbindung mit ihrem Reichtum
kräftig angestiegen ist.
Umfragen zeigen, dass die sehr wohlhabenden Familien anders als die allgemeine
Öffentlichkeit Haushaltsdefizite als eine entscheidende Problematik betrachten
und die Kürzung der sozialen Hilfe befürworten. Und was wahr ist, dass die
Prioritäten dieser Elite den politischen Diskurs im Land bestimmen.
Die Grundlage einiger Reaktionen
gegen die Ungleichheit ist wohl nach Krugmans Ansicht der Wunsch von einigen
Experten, den ökonomischen Diskurs zu entpolitisieren, um das Ganze
technokratisch und überparteilich darzustellen. Aber es ist ein Wunschtraum.
Auch wenn es wie eine technokratische Thematik aussehen mag, wird die Debatte
von der Gesellschaftsschicht und der Ungleichheit geformt und verzerrt.
Der Präsident hat daher recht,
die Ungleichheit als die entscheidende Herausforderung unserer Zeit zu bezeichnen, hält Krugman als
Fazit fest. Was werden wir aber unternehmen, um dieser Herausforderung
entgegenzusetzen?
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