Samstag, 14. Dezember 2013

Warum sollen Banken nicht Euro Staatsanleihen halten dürfen?

Staatsanleihen werden im Euro-Raum als risikolose Anlageklasse gehandelt. Die Banken müssen dafür kein Kapital als Sicherheitspuffer vorhalten. So war es jedenfalls vor der Finanzkrise von 2008. Nun wächst die Kritik daran, weil die Banken dadurch einen Anreiz haben, die Schulden der öffentlichen Hand zu finanzieren.

Vor allem Jens Weidmann, Bundesbankpräsident will die „Vorzugsbehandlung von Staatsanleihen“ beenden, weil die „Schuldenkrise“ seiner Meinung nach sonst nicht bewältigt werden kann.

Die Euro-Krise ist aber keine Staatsschuldenkrise. Sie ist eine Folge der Finanzkrise (bzw. Rettung, d.h. bail-out der unterregulierten Banken). Zur Erinnerung: Spanien und Irland hatten am Vorabend der Krise einen Haushaltsüberschuss. Und Portugal hatte kaum nennenswerte Staatsverschuldung.

Weidmann will, dass (1) die Banken die Euro Staatsanleihen von jetzt an mit Eigenkapital unterlegen  und (2) die Banken nur bis zu einer bestimmten Höhe Staatsanleihen kaufen. Begründung: Die Finanzstabilität werde (wegen der Risik-Konzentration) gefährdet, weil (oder wenn) die Banken nur Staatsanleihen eines Landes kaufen, und zwar des eigenen Heimatlandes.

Peter Praet, hat nun in einem Interview mit FT in die gleiche Kerbe geschlagen. In einem etwas kompliziert formulierten Satz sagt der EZB-Direktor sinngemäss, dass die Banken, wenn die Staatsanleihen in ihren Beständen dem Risiko entsprechend behandelt würden, unwahrscheinlich die Liquidität, die von der EZB zur Verfügung gestellt werde (via LTRO), übermässig für den Kauf von Staatsanleihen einsetzen würden. Weil die Banken mit den Einschränkungen, die die Stress Tests für die Euro Staatsanleihen auflegen werden, vorsichtig umgehen würden.

Praet will also genau wie Weidmann unterbinden, dass die Staaten für Refinanzierung auf die Banken „angewiesen“ werden. Die Banken sollen stattdessen Kredite an Unternehmen und private Haushalte geben.




Staatsanleihen im Portfolio von Banken im Vergleich EU, USA und Japan, Graph: Morgan Stanley

Ist es aber wirklich so schlimm, wenn die Banken in Euro denominierten Staatsanleihen kaufen. Schliesslich will die EZB die Störung der geldpolitischen Transmission aufheben, was bisher allein mit der Ankündigung des OMT-Programms, welches nie zum Einsatz kam, einigermassen gelungen ist. Die geldpolitischen Outright-Geschäfte werden von Mario Draghi, EZB-Präsident „nicht als versteckte Staatsfinanzierung“ betrachtet. Und es geht davon keine Inflationsgefahr hervor.

Die Fragmentierung des einheitlichen Finanzmarktes ist entstanden, weil die Euro-Zone in eine Depression gerutscht ist. Da eine exernal devaluation (**) nicht möglich ist, schwanken die Refinanzierungskosten der Banken in den einzelnen EU-Ländern.

Die Analysten von Morgan Stanley betonen in einer neulich vorgelegten Forschungsarbeit, dass die Dominanz der Staatsanleihen des eigenen Landes in ihren Portfolios der Banken eher eine Folge des anhaltenden Schuldenabbau-Prozesses (deleveraging) ist als eine Widerspiegelung von einer Zunahme der „Carry-Trades“-Geschäfte.

In Japan ist der Bestand an Staatsanleihen der Banken eine Funktion von loan-deposit-ratio (LTD-Verhältnis zwischen Kredit und Gesamteinlagen), was unter 100% ist. Die Banken versuchen daher, die Einnahmen durch die Verlagerung des Kapitals in Staatspapiere zu schützen.

Der Bestand der spanischen und italienischen Banken an Staatsanleihen ist (in Prozent der Bilanzsumme) geringer als der Bestand der japanischen Banken an japanischen Staatsanleihen. Auch ein Vergleich mit den USA zeigt, dass die  spanischen und italienischen Banken nicht mehr Staatspapiere in ihren Portfolios halten als die amerikanischen Banken an US-Treasury Bonds.

Es gibt hier zwei Probleme, die unterschieden werden müssen, schreiben Jeremie Cohen-Setton und Tishani Dorfmeister im Blog ECB watchers.

(1) Der Anstieg der Euro Staatsanleihen in den Beständen der europäischen Banken ist insgesamt genau das, was die EZB mit LTRO anstrebt. Und es gibt daher kaum einen Grund, dagegen einzuwenden.

(2) Die Konzentration der Euro Staatsanleihen des Landes A in den Beständen der Banken des Landes A: Das mag von der EZB nicht antizipiert worden sein. Aber die EZB kann dagegen etwas unternehmen, indem sie z.B. Limiten im Sinne von Diversifikation vorschreibt.


(*) Jens Weidmann im September 2013 in einem Artikel („Stop encouraging banks to buy government debt”) in FT.

(**) Die Länder in der Eurozone verfügen nicht über eigene Währung, die sie abwerten lassen könnten. Und eine unabhängige Geldpolitik ist daher nicht möglich.

1 Kommentar:

Johannes hat gesagt…

Wissenschaftliche Studien belegen, dass die Finanzkrisen der Vergangenheit in allen Fällen dadurch verursacht wurden, dass Banken ihre Eigenkapitalquote herunterschrauben durften.
Ich bin zwar kein Freund von Weidmann, aber in dieser elementaren Sache muss ich ihn unterstützen.
Dazu ein Beispiel. Dass die jüngste Finanzkrise in Deutschland ein solches Ausmaß annahm, lag in erster Linie an den Landesbanken. Diese konnten sich als Tochterbanken der deutschen Sparkassen billig mit Geld versorgen, da die Sparkassen keine nennenswerte Eigenkapitalquote vorweisen mussten.
Nun ist das nicht das erste Mail, dass die deutschen Sparkassen Deutschland in eine Finanzkrise stürzten. Bereits die Finanzkrise der Weimarer Republik wurde nach neuesten Erkenntnissen durch die Sparkassen verursacht.