Mike Konczal vertritt die Meinung, dass die anhaltende katastrophale
Lage auf dem Arbeitsmarkt die Verhandlungsposition der Arbeitgeber fördert.
Kann es
sein, dass die Arbeitgeber in einer schwer angeschlagenen (depression) Wirtschaft besser dran sind als in einer wachsenden (boom) Wirtschaft?
Eine Menge
Leute reagieren darauf instinktiv, dass es nicht sein kann. Es liegt schliesslich
auf der Hand, dass die Unternehmen von einer stärkeren Nachfrage profitieren,
auch wenn es bedeutet, dass die Arbeitnehmer besser behandelt und besser
entlohnt werden müssten.
s ist aber keineswegs
ein klarer Fall, bemerkt Paul Krugman dazu mit Verweis die „efficiency wage story“, wonach die Anstrengungen der Arbeitgeber, aus ihren Arbeitnehmern Vorteile zu ziehen,
von der Lage auf dem Arbeitsmarkt abhängt.
Die
Gewinnfunktion eines einzelnen Arbeitgebers sieht nach der Theorie wie folgt
aus:
F (N,U ...)
wobei N=
Anzahl der Mitarbeiter des Unternehmens und
U= die
Arbeitslosenquote ist.
Dazu gibt es
ein paar andere Sachen, die das Ganze zu einem Modell ausbauen. Wenn alles
gleich bleibt, streben Unternehmen das Niveau an N an, wo der Profit maximiert
werden kann.
In ihren
kollektiven Bemühungen wird die Arbeitslosenquote aber von Unternehmen, Gewinn zu
maximieren, ignoriert. Einzelne Unternehmen haben zwar einen vernachlässigbaren
Einfluss auf die Arbeitslosenquote (U). Aber kollektiv spielen sie eine
wichtige Rolle in Bezug auf die Höhe der Arbeitslosigkeit. Und die Höhe der
Arbeitslosigkeit steigert ihre Macht über die Arbeitnehmer, und damit auch ihre
Gewinne. Das alles gilt natürlich, wenn alles andere gleich bleibt.
Gewinne von
Unternehmen nach Steuern im Verhältnis zum Arbeitnehmerentgelt (Löhne, Gehälter und
andere Zuwendungen), Graph: Prof. Paul Krugman
Krugman
schlussfolgert daraus, dass eine flaue Wirtschaft Unternehmen in der Tat als „Koordinierungsverfahren“
zu Gute kommen kann, wo Unternehmen um die Arbeitskräfte nicht hart
konkurrieren müssen, was ihnen eine Monopson-Macht gibt.
Dieser
Effekt müsste natürlich abgewogen werden gegen die anderen direkten negativen
Auswirkungen einer schwachen Nachfrage auf die Profitabilität von Unternehmen.
Es gibt daher keine Regel, die besagt, dass Unternehmen in einer schwer
angeschlagenen Wirtschaft schlechter dran wären als sonst. Ganz im Gegenteil
könnten Unternehmen es sogar besser haben, wenn die Wirtschaft in einer
Depression steckt.
Wie sehen
die tatsächlichen Erfahrungen in der
heutigen Wirtschaft aus? Betrachtet man die Entwicklung der Unternehmensgewinne
an, sieht es nicht nach einer Depression aus.
Die Wahrscheinlichkeit davon, dass die Arbeitslosen eine Arbeit finden, gemessen an Dauer der
Arbeitslosigkeit, Graph: Mike Konczal
in WaPo
Die Gewinne haben,
als die Finanzkrise einschlug, zunächst einen Schlag einstecken müssen. Danach
sind sie durch die Decke geschossen. Heute liegen sie 60% über dem Niveau vor der Krise von 2008. Das Arbeitnehmerentgelt
hingegen ist inzwischen kaum gestiegen. In der Tat ist es sogar pro Kopf real gesunken.
Fazit:
Der Punkt ist, dass wir eine schwer angeschlagene Wirtschaftslage für die Arbeitnehmer
haben, aber nicht für Unternehmen. Wie viel davon auf die wachsende
Verhandlungsmacht von Unternehmen zurückzuführen ist, ist offensichtlich nicht
einfach zu sagen. Aber es steht fest, dass die Entkopplung von Wirtschaft und Unternehmensgewinnen
unbestreitbar ist, wie der an der University
of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor festhält.
Es mag dahin
gestellt sein, ob eine depressive Wirtschaft Unternehmen zu Gute kommt. Aber es ist offensichtlich, dass sie davon keinen besonderen Schaden tragen.
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