Donnerstag, 26. Dezember 2013

Verhandlungsposition von Unternehmen in Depresssion

Mike Konczal vertritt die Meinung, dass die anhaltende katastrophale Lage auf dem Arbeitsmarkt die Verhandlungsposition der Arbeitgeber fördert.

Kann es sein, dass die Arbeitgeber in einer schwer angeschlagenen (depression) Wirtschaft besser dran sind als in einer wachsenden (boom) Wirtschaft?

Eine Menge Leute reagieren darauf instinktiv, dass es nicht sein kann. Es liegt schliesslich auf der Hand, dass die Unternehmen von einer stärkeren Nachfrage profitieren, auch wenn es bedeutet, dass die Arbeitnehmer besser behandelt und besser entlohnt werden müssten.

s ist aber keineswegs ein klarer Fall, bemerkt Paul Krugman dazu mit Verweis die „efficiency wage story“, wonach die Anstrengungen der Arbeitgeber, aus ihren Arbeitnehmern Vorteile zu ziehen, von der Lage auf dem Arbeitsmarkt abhängt.

Die Gewinnfunktion eines einzelnen Arbeitgebers sieht nach der Theorie wie folgt aus:

F (N,U ...)

wobei N= Anzahl der Mitarbeiter des Unternehmens und
U= die Arbeitslosenquote ist.

Dazu gibt es ein paar andere Sachen, die das Ganze zu einem Modell ausbauen. Wenn alles gleich bleibt, streben Unternehmen das Niveau an N an, wo der Profit maximiert werden kann.

In ihren kollektiven Bemühungen wird die Arbeitslosenquote aber von Unternehmen, Gewinn zu maximieren, ignoriert. Einzelne Unternehmen haben zwar einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Arbeitslosenquote (U). Aber kollektiv spielen sie eine wichtige Rolle in Bezug auf die Höhe der Arbeitslosigkeit. Und die Höhe der Arbeitslosigkeit steigert ihre Macht über die Arbeitnehmer, und damit auch ihre Gewinne. Das alles gilt natürlich, wenn alles andere gleich bleibt.


Gewinne von Unternehmen nach Steuern im Verhältnis zum Arbeitnehmerentgelt (Löhne, Gehälter und andere Zuwendungen), Graph: Prof. Paul Krugman


Krugman schlussfolgert daraus, dass eine flaue Wirtschaft Unternehmen in der Tat als „Koordinierungsverfahren“ zu Gute kommen kann, wo Unternehmen um die Arbeitskräfte nicht hart konkurrieren müssen, was ihnen eine Monopson-Macht gibt.

Dieser Effekt müsste natürlich abgewogen werden gegen die anderen direkten negativen Auswirkungen einer schwachen Nachfrage auf die Profitabilität von Unternehmen. Es gibt daher keine Regel, die besagt, dass Unternehmen in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft schlechter dran wären als sonst. Ganz im Gegenteil könnten Unternehmen es sogar besser haben, wenn die Wirtschaft in einer Depression steckt.

Wie sehen die tatsächlichen  Erfahrungen in der heutigen Wirtschaft aus? Betrachtet man die Entwicklung der Unternehmensgewinne an, sieht es nicht nach einer Depression aus.



Die Wahrscheinlichkeit davon, dass die Arbeitslosen eine Arbeit finden, gemessen an Dauer der Arbeitslosigkeit, Graph: Mike Konczal in WaPo

Die Gewinne haben, als die Finanzkrise einschlug, zunächst einen Schlag einstecken müssen. Danach sind sie durch die Decke geschossen. Heute liegen sie 60% über dem Niveau vor der Krise von 2008. Das Arbeitnehmerentgelt hingegen ist inzwischen kaum gestiegen. In der Tat ist es sogar pro Kopf real gesunken.

Fazit: Der Punkt ist, dass wir eine schwer angeschlagene Wirtschaftslage für die Arbeitnehmer haben, aber nicht für Unternehmen. Wie viel davon auf die wachsende Verhandlungsmacht von Unternehmen zurückzuführen ist, ist offensichtlich nicht einfach zu sagen. Aber es steht fest, dass die Entkopplung von Wirtschaft und Unternehmensgewinnen unbestreitbar ist, wie der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor festhält.

Es mag dahin gestellt sein, ob eine depressive Wirtschaft Unternehmen zu Gute kommt. Aber es ist offensichtlich, dass sie davon keinen besonderen Schaden tragen.


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