Montag, 16. Dezember 2013

Helicopter-Geld versus QE-Politik

Die Zero Lower Bound (ZLB) schreibt mittlerweile das fünfte Jahr. Das heisst dass die nominalen Zinsen , die im Nachspiel der Finanzkrise auf der Null-Grenze aufgeprallt sind, immer noch auf dem Niveau verharren.

Da die Geldpolitik in einer Liquiditätsfalle an Wirksamkeit verliert und Reflation (bzw. expansive Fiskalpolitik) aus Sicht der neo-klassischen Lehre als Tabu gilt, selbst wenn die Wirtschaft in einer milden Depression steckt, betreiben die führenden Zentralbanken der Welt eine mengenmässige Lockerung der Geldpolitik (QE: quantitative easing).

Die Erholung geht aber ziemlich träge vor sich. Die hohe Arbeitslosigkeit hält an. Und die Wirtschaft leidet nach wie vor unter dem Nachfrageausfall. Daher stellt sich die Frage, warum die QE nicht fest zugeschlagen hat?

Die amerikanischen Währungsbehörden haben von Anfang an deutlich gemacht, dass die QE-Programme nur temporärer sind. Die geldpolitischen Entscheidungsträger haben sowohl in den USA als auch in Grossbritannien keine Gelegenheit ausgelassen, darauf hinzuweisen, dass der Anstieg der Notenbankgeldmenge (monetary base) nicht permanent ist. Wenn dem aber so ist, dann gibt es auch keinen Grund, zu erwarten, dass die Nachfrage sich wiederbelebt.

Warum hat aber Abenomics Erfolg? Die BoJ betreibt auch QE-Politik. Weil die japanische Zentralbank (BoJ: Bank of Japan) mit Nachdruck unterstrichen hat, dass die Expansion ihrer Bilanz dauerhaft ist, im Gegensatz zu der Periode von 2001 bis 2006, als die BoJ die erste QE-Phase umsetzte, aber genau wie die Fed und BoE betonte, dass die Geldbasis sich nur vorübergehend erhöhen würde.

Der Unterschied, ob die Notenbank den Geldhahn dauerhaft oder vorübergehend aufdreht, ist entscheidend für die Erwartungshaltung der Wirtschaftssubjekte. Deswegen spielt es keine Rolle, ob die Zentralbank die Druckpresse anwirft (helicopter drop) oder die Regierung das Haushaltsdefizit durch die Ausgabe von Staatsanleihen (QE) finanziert, schreibt David Beckworth in seinem Blog.



Helikopter-Geld und QE-Politik, Graph: David Beckworth in: Macro and Other Market Musings

Solange die Notenbank am ursprünglich festgelegten Inflationsziel festhält, führt die QE-Politik nicht einfach dazu, dass sich die gesamtwirtschaftliche Nachfrage erholt. Das ist die Schlussfolgerung des an der Western Kentucky University in Bowling Green lehrenden Wirtschaftsprofessors.

Zur Erinnerung: FDR hatte 1933 mit seinem Beschluss, den Goldstandard aufzuheben, eine fest zuschlagende Wirkung im Markt ausgelöst. Damit wurde nämlich der Eindruck hinterlassen, dass der Anstieg der Notenbankgeldmenge permanent erfolgen würde.

Diese Erfahrungen belegen die Beziehung zwischen der erwarteten Dauerhaftigkeit der Geldspritzen und der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage eindeutig. Das Ganze ist im Übrigen in der Abbildung ausdrucksvoll dargestellt.

Man brauche sich den Kopf nicht zu zerbrechen, ob QE oder Helikopter-Geld wirksamer ist. Die Fed soll sich an einem NGDP Targeting (nominelle BIP-Steuerung) orientieren, hält Beckworth als Fazit fest.

Auch Paul Krugman stimmt zu, dass es keine Rolle spielt, ob die Fed die Geldpresse anwirft (money printing) oder Anleihen (bonds) begibt, um sich in der Depression zu finanzieren. Es sieht konkret so aus:

Im ersten Fall finanziert die Regierung das Haushaltsdefizit mit dem Verkauf von Staatsanleihen, z.B. an die Banken. Gleichzeitig betreibt die Zentralbank eine QE-Politik. Das heisst, dass die Notenbank die von der Regierung verkauften Anleihen von den Banken durch die Erhöhung der Notenbankgeldmenge zurückkauft. PS: Wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, bedarf es keines weiteren Kommentars, dass die Wirksamkeit der Massnahme begrenzt ist.

Im zweiten Fall finanziert die Regierung das Haushaltsdefizit durch die Geldpresse (money printing) und erhöht damit die Geldbasis (monetary base).

Wie unterscheiden sich die Fälle?

Es gibt nur einen kleinen Unterschied. Im ersten Fall halten die Banken die Staatsanleihen für eine Weile, bevor sie sie wieder an die Regierung (via Zentralbank) verkaufen. Ansonsten bleibt alles gleich.  Am Ende des Tages bleibt nämlich Privatsektors Bestand an Anleihen unverändert. So ist die Geldbasis. Und die Bilanz des privaten Sektors ändert sich auch nicht.

Das alles gilt natürlich unter der Annahme, dass die Zentralbank ein Teil der Regierung ist, was ja nicht zu weit hergeholt wäre. Denn die Fed überweist die Zinserträge auf Staatspapiere an die Regierung, nachdem sie nur den Betrag, welcher für das Tagesgeschäft notwendig ist, zurückbehält. Für den Zweck der Analyse ist also der Begriff „Regierung“ mit „Notenbank“ identisch.

Fazit: Es hat keinen Sinn, wie einige Ökonomen es in der letzten Zeit tun, anstelle von QE-Politik nach Helikopter Geld zu rufen, um die träge Nachfrage wiederzubeleben.

Es gibt keinen Unterschied zwischen dem Anwerfen der Geldpresse und der QE-Politik. Die Zentralbank müsste sich, wie Krugman formuliert, unverantwortlich glaubwürdig verpflichten, den Anstieg der Notenbankgeldmenge als permanent darzustellen, um auf diese Weise Inflationserwartungen zu wecken. Sonst vergehen noch mehr Jahre, um der Great Recession (die man inzwischen auch als milde Depression bezeichnen) zu Ende zu bringen.

Ziel ist, dass mit dem Anstieg der Notenbankgeldmenge ein permanent höheres Preisniveau impliziert wird, was ein höheres (nominales) Einkommen (BIP) in Zukunft bedeutet. Man erinnere sich daran: Nominal = Real + Inflation. Daher plädiert Beckworth für nominelle BIP-Steuerung als neues Ziel für die Fed, zumindest bis die Wirtschaft aus der schweren Rezession kommt. Es scheint also in Worten von Christina Romer eines Regimewechsels zu bedürfen.


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