Samstag, 24. August 2013

Ist die Idee von der natürlichen Arbeitslosigkeit verrottet?

(Nur für Streber)

Roger Farmer befasst sich in einer neuen Forschungsarbeit („The Natural Rate Hypothesis: An idea past its sell-by date“) mit dem Thema “natürliche Arbeitslosigkeit“ (genannt NAIRU). Mit der „non-acceleration inflation rate of unemployment“ ist die nicht konjunkturbedingte Arbeitslosigkeit gemeint.

Zentralbanken auf der ganzen Welt sagen Inflation anhand von new-Keynesian Modells voraus, wo die Arbeitslosenquote nach einem Schock wieder auf ihr „natürliche Rate“ bezeichnetes  Niveau zurückkehrt. Das ist die Annahme, die Natural Rate Hypothesis (NRH) genannt wird, schreibt der an der University of California Los Angeles (UCLA) lehrende Wirtschaftsprofessor in seiner Studie.

Die NRH hält nicht stand, was die Daten betrifft. Und er stelle daher ein alternatives Paradigma vor, wo erklärt werde, warum das so ist, legt Farmer weiter dar. Er ersetze die NRH mit der Annahme, dass die animal spirits der Investoren eine Grundlage der Wirtschaft sind.

In seinem Modell zeige Farmer ferner, wie diese Idee durch den Bau eines empirischen Modells operationalisiert werde, was die neue keynesianische Phillips-Kurve an Leistung übertreffe. Farmer baut m.a.W. animal spirits in einem Modell mit einem neuen Fundament, welches er die „belief function“ nennt.

Hier ist der offene Brief, den Farmer an Paul Krugman geschrieben hat. Und hier ist die Antwort, die Krugman darauf gegeben hat.

Farmer schreibt in diesem Brief ziemlich impulsiv, dass Keynes genauso wie Milton Friedman und Friedrich Hayek nicht immer Recht hatte. Beim Keynesianismus gehe es nicht um „nach unten starre Löhne“ (sticy wages and prices). Es hat mit der Unfähigkeit der Marktwirtschaft zu tun, ein pareto-effizientes steady-state-Gleichgewicht zu koordinieren, so Farmer.

Das alles sollte Krugman eigentlich wissen, da Farmer beobachte, dass Krugman in seiner Kolumne in NYTimes immer auf die Themen zurückgreife, die Farmer ein paar Tage davor in seinem Blog behandelt habe. Das sei aber vielleicht ein „Zufall-Fee“ (coincidence fairy), mit einer ironischen Anspielung an die von Krugman geschaffene Wortschöpfung confidence fairy.

Krugman hat in seinem Blog später dazu Stellung genommen: Er werde beschuldigt, von Farmer abzuschreiben. Die Wahrheit sei eigentlich noch trauriger. Er lese nicht einmal, was Farmer schreibe, so Krugman. Er habe es ein paar mal versucht. Aber er habe herausgefunden, dass es sehr schwer zugänglich sei, was Farmer verfasse. So ergehe es auch anderen Ökonomen, mit den Krugman sich unterhalten habe.

Er möchte nicht sagen, dass es nichts sei. Es kann gut sein, dass vielleicht etwas Tiefsinniges dahinter stecke. Aber weder Krugman noch die meisten Ökonomen verstehen die rätselhaften Beiträge von Farmer. Es sei denn, es gibt einen Machbarkeitsnachweis (proof of concept), eine einfache und wirksame Zusammenfassung, was darauf hindeutet, dass sich die Bemühungen lohnen: „Wenn du mir nicht einen 3-minutigen Trailer aus deinem 2-stündigen Film präsentierst, dann sehe ich mir deinen Film nicht an“. 

Krugman betont am Schluss, dass es bekannt sei, dass Keynes‘ „General Theory“ ein schwieriges Buch ist. Aber das Werk beginnt mit drei funkelnden Kapiteln, d.h. eine Art Buch im Buch, welches dem Leser einen guten Sinn dafür gibt, worum es in diesem Buch geht und worauf es ankommt.

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