Die Ökonomen unterhalten sich gelegentlich gern über die Rolle der mathematischen Formulierungen in ihren Analysen. Das jüngste Beispiel liefert Noah Smith in seinem Blog. Der junge Star-Ökonom in der amerikanischen Blogosphäre schreibt, dass die Mathematik in der Ökonomie (economath) nicht den gleichen Stellenwert hat wie die Mathematik in Physik. Es hat seiner Einschätzung nach hauptsächlich damit zu tun, dass die Ökonomen anhand von anstrengenden Themen zeigen wollen, wie klug sie sind.
Paul Krugman bemerkt in seinem Blog dazu, dass er Smiths Zynismus über den Ökonomen-Beruf teile, aber
denke, dass Smith etwas verfehle: Die mathematischen Modelle sind nämlich
nützlich, wenn sie richtig eingesetzt werden: sie helfen, klar zu denken, in
einer Art und Weise, was blosse Worte es nicht können.
Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor erinnert an
die Entwicklung von New Trade Theory
Models (neue Modelle der Aussenwirtschaftstheorie), die in Bezug auf das
Denken und die Sprache für Klarheit sorgten.
Selbst ähnlich orientierte Länder
würden sich am Schluss auf unterschiedliche Produkte spezialisieren. Und weil
es in vielen Sektoren steigende Erträge gibt, würden sich aus der
Spezialisierung und dem Handel Gewinne erwirtschaften lassen.
Bis dahin waren die Experten für
Handel jedoch nicht in der Lage, solche Aussagen zu machen. Erst dann kam das
Licht in einem verständnislosen Publikum auf, mit Hilfe von mit Mathematik
gestützten Modellen, argumentiert Krugman.
Das selbe gilt auchfür die Liquiditätsfalle. Das Grundlegende, was passiert, wenn die nominalen Zinsen
nahe null liegen (zero lower bound),
ist nicht kompliziert, zu verstehen, erklärt Krugman weiter. Aber die Menschen,
die mit kleinen, mathematischen Modellen wie z.B. IS-LM und New Keynesian nicht vertraut sind, wirken verkrampft und angespannt,
zu erkennen, was sich in der Wirtschaft derzeit abspielt.
Was stimmt, ist, dass viele
Ökonomen laut Krugman diesen ganzen Zweck aus den Augen verloren haben. Und sie
behandeln ihre eigene Modell als „die Wahrheit“ und/oder beurteilen die Modelle
der anderen Ökonomen daran, wie schwer die Mathematik ist.
Bryan Caplan vertritt jedoch eine andere Ansicht. Der an der George Mason University lehrende
Wirtschaftsprofessor schreibt in seinem Blog, dass er solche Ansprüche, die wie von Krugman erhohen werden, viel
gehört habe. Aber er sei überzeugt, dass die economath, was Kosten-Nutzen betrifft, fehlschlage.
Es ist eine Binsenwahrheit,
unterstreicht Caplan, dass manche Menschen einen komparativen Vorteil in Sachen
wirtschaftliche Intuition haben. Und andere Menschen haben einen komparativen
Vorteil in der mathematischen Ökonomie. Der überlegene Weg zum wirtschaftlichen
Verständnis variiert aber von Person zu Person und von Thema zu Thema.
Von den Menschen, die sich für
die Ökonomie interessieren, haben 95% deutlich einen komparativen Vorteil in
Sachen wirtschaftliche Intuition, weil sie mathematische Wirtschaft einfach
nicht verstehen. Selbst Professoren in Top Bachelor Stufen vermeiden economath, weil sie wissen, dass die
Studenten nicht folgen können.
Was ist mit dem restlichen 5%,
die etwas von mathematischer Wirtschaft verstehen? Ein Optimist würde darauf
hinweisen, dass diese 5% den Löwenanteil am ökonomischen Denken hat. Vielleicht
ist economath entscheidend für das
Gerüst von intellektuellem Fortschritt, trotz seines geringen pädogogischen Wert.
Nicht wirklich. Empirisch gesehen
gewinnen sogar auch die 5% den grössten Teil ihres Verständnisses von der
Wirtschaft über Intuition, fasst Caplan zusammen.
Ein typischer Ökonom liest heute an einem wirtschaftlichen Artikel über die Theorie zuerst den Abstract und die Einleitung und dann den Abschluss. Er übersprigt gern die mathematische Erläuterung.
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