Montag, 12. August 2013

Being Paul Krugman

Ist Paul Krugman die Kim Kardashian der Wirtschaftswissenschaften? Lars Christensen vertritt in seinem Blog („Paul Krugman and reality TV economics“) die Ansicht, dass das reality-TV-Phänomen auf das Fed der Volkswirtschaftslehre übergegriffen hat. Das beste Beispiel sei Paul Krugman. Er sei sicherlich die Kim Kardashian der ökonomischen Blogosphäre. Wie die Kardashians basiere Krugmans Geschäftsmodell darauf, empörende Dinge zu sagen.

Christensen unterstreicht, dass er Paul Krugmans Blog nicht regelmässig lese. Der Grund dafür sei, dass 9 von 10 Blogbeiträgen dem Leser erzählen, wie dumm andere Ökonomen und politische Entscheidungsträger seien und wie klug Krugman selbst sei. Das ist nicht interessant für jemanden, der sich wirklich für Wirtschaftswissenschaften interessiert, so Christensen.

Allerdings möchte der Analyst hinzufügen, dass Krugman in 10% der Blogbeiträge zeige, welch ein wirklich grossartiger Ökonom er sei. Und Christensen lese alle diese Artikel, unabhängig davon, ob er damit einverstanden sei oder nicht. Früher habe er Paul Krugman als Ökonom respektiert. Aber er habe keinen Respekt für Krugmans „tribalistische Verleumdung“ von Ökonomen Kollegen.

Christensens Narrativ erinnert mich an eine wunderbare Szene aus dem herrlich lustigen Film „Austin Powers – The Spy Who Shagged Me“ (1999):

Vanessa Kensington: I will never have sex with you, ever! If you were the last man on earth and I was the last woman on earth, and the future of the human race depended on our having sex, simply for procreation, I still would not have sex with you.
 
Austin Powers: What’s your point, Vanessa?

Krugman schreibt seit dem Beginn der Finanzkrise von 2008 regelmässig mit Nachdruck, dass (1) lockere Geldpolitik (monetary expansion) keine Hyperinflation auslöst, wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt, (2) hohe Haushaltsdefizite in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft (Depression) nicht automatisch zu einem starken Anstieg der Zinsen führen, und (3) Kürzung der Ausgaben keine Arbeitsplätze schafft.

Es ist vor diesem Hintergrund wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass Krugman mit einem Wirtschaftsmodell arbeitet, nicht mit einem Business model, zumeist mit dem einfachen IS-LM-Modell, bevor er eine bestimmte Konstellation in der Wirtschaft analysiert und kommentiert. Und es ist ein international anerkannter und altbewährter Ansatz.

Der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor legt grossen Wert darauf, mit logischem Denken die Beweise zu liefern, warum es z.B. in einem depressiven Umfeld der Wirtschaft so etwas wie expansionary austerity nicht geben kann.

Krugman betont ferner bei jeder Gelegenheit, dass eine Volkswirtschaft keine Moralität ist. Volkswirtschaften sind komplexe, sich ständig verändernde Gebilde, hebt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008) hervor. Die breite Öffentlichkeit wird beispielsweise von der Mehrzahl der politischen Entscheidungsträger und der MainstreamÖkonomen in Europa irregeführt, die Euro-Krise als „Staatsschuldenkrise“ anzusehen, was einfach nicht wahr ist.

Krugman hat bisher mit seiner Analyse fast 100% richtig gelegen. Er gab aber in seinem Blog zu, dass seine Vorhersage im Hinblick auf die Deflation nicht zutraf. Die Begründung hat er auch selber geliefert: die Löhne sind nach unten starr (wage rigidity). Die Gegenseite hingegen warnt seit dem Ausbruch der Krise ununterbrochen davor, dass die Inflation durch die Decke schiesst, weil die US-Notenbank die Notenbankgeldmenge exzessiv erhöht hat.

Die Very Serious People (VSP) sieht in der Entkopplung des Geldes vom Gold den Ursprung allen wirtschaftlichen Übels. Und sie sind heute keineswegs bereit, aufgrund der fehlerhaften Prognosen, die von ihnen reihenweise bereitgestellt wurden, die eigene Position zu überdenken. Der Liquidationismus scheint ein Zustand der Seele der Austerians zu sein. Die unausgewogene Austeritätspolitik, an der VSP trotz der Massenarbeitslosigkeit immer noch festhält,  rührt aus der Tiefe der Zombie Economics. Das ist der Unterschied.

1 Kommentar:

Hardy hat gesagt…

"Der Grund dafür sei, dass 9 von 10 Blogbeiträgen dem Leser erzählen, wie dumm andere Ökonomen und politische Entscheidungsträger seien und wie klug Krugman selbst sei."

Und genau das ist leider wahr.