(Wonkish)
Paul Krugman befasst sich in seinem Blog weiter mit dem aktuellen OECD-Bericht. Der Bericht ist bemerkenswert, aber im negativen Sinne, hebt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2008) hervor. Wie er bereits darauf hingewiesen hat, beharrt die Organisation mit Sitz in Paris darauf, dass die Zinsen erhöht werden müssen.
Was der Bericht macht, ist in einer besonderen Art „can’t do spirit“ (wir können-es-nicht-tun Geisteshaltung) umzumanteln, welche mittlerweile viele der Welt-Politik-Elite erfasst hat, legt Krugman dar. Der OECD-Chef bemerkt in seinen Ausführungen im Bericht, dass die hohe Arbeitslosigkeit ein schreckliches Problem ist, welches Risiken birgt, bleibende Schäden zuzufügen, aber der Spielraum für makroökonomische Politik, um die komplexen Herausforderungen anzugehen, weitgehend ausgeschöpft sei. Daher müssen wir „strukturell vorgehen“.
Personal Consumption Expenditures (PCE), ohne Lebensmittel und Energie-Preise, Graph: Prof. Paul Krugman
Woher wissen wir aber, dass der Spielraum für die makroökonomische Politik erschöpft ist? Warum sollen wir „strukturell vorgehen“, wenn die Probleme zumeist nicht strukturell sind? Die Arbeitslosigkeit ist zum grössten Teil definitiv nicht strukturell.
Das ist „wir-können-es-nicht-tun Geisteshaltung“, hält Krugman fest.
Im Kapitel 1 des Berichts wird in einem Textkasten die Möglichkeit eines erhöhten Inflationsziels (inflation target), um damit etwas Gutes zu tun, welches von Olivier Blanchard und sogar von Greg Mankiw befürwortet wird, abgewiesen. Der Bericht präsentiert ein arithmetisches Beispiel über die zu erwartende Senkung der öffentlichen Schuldenlast und stellt fest, dass
eine nachhaltige Steigerung der Inflation um 2% einen Zeitraum von 10 Jahren erfordern würde, um die durchschnittliche krisenbedingte Zunahme der Schuldenquote im OECD-Raum zu erodieren.
Was stimmt damit nicht? Mindestens drei Dinge, bemerkt Krugman:
(1) Der Bericht schreibt, als ob eine Zeitperiode von 4% Inflation eine schrecklichere Sache als eine Zeitperiode von 2% Inflation wäre: höchst zerstörerisch für die Wirtschaft. Ja, es wäre wirklich schrecklich, wenn wir die Inflation hätten, die mit demselben Tempo während Morning in America vorherrschen würde, beschreibt Krugman.
(2) Das ist technisch, aber wichtig: Die OECD geht davon aus, dass eine höhere Inflation sich eins-zu-eins in höheren Zinsen niederschlagen würde. Dies ist eine gute Annahme in normalen Zeiten. Aber der ganze Grund, warum die Wirtschaft sich in einem Durcheinander befindet, ist die Tatsache, dass die kurzfristigen Zinsen an der Null-Grenze liegen. Das heisst, dass die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt.
Das bedeutet, dass die kurzfristigen Zinsen, wenn wir eine höhere Inflation hätten, für eine lange Zeit überhaupt nicht steigen können und die langfristigen Zinsen, welche die kurzfristigen Zinsen widerspiegeln, weniger als eins-zu-eins steigen würden. Die Reduzierung der Realzinsen ist in der Tat eines der Hauptargumente für eine höhere Inflation, wenn man einer Untergrenze von Null gegenübersieht. Die Vorteile für die öffentliche Schuldenlast wären daher viel grösser als die Schätzungen nahelegen.
(3) Die öffentliche Verschuldung ist nicht unser einziges Problem. In der Tat ist es nicht das Kernproblem. Das Kernproblem ist der Überhang an private Schulden, hält Krugman fest
Verschuldung der privaten Haushalte als Anteil am verfügbaren Einkommen, Graph: Prof. Paul Krugman
Und eine Zeitperiode von mässiger Inflation würde dazu beitragen, den Schuldenüberhang im privaten Sektor zu reduzieren, was die wirtschaftliche Erholung fördern würde, was wiederum die Einnahmen steigern und fiskalische Situation erleichtern würde. Kurzum: Der Fall für eine höhere Inflation ist erheblich besser als die OECD gewillt ist, anzuerkennen. Das ist die „wir-können-es-nicht-tun Geisteshaltung“, fasst Krugman als Fazit zusammen.
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