Freitag, 13. Mai 2011

Schuld und Schuldenkrise: EZB versus Griechenland

Mittlerweile sind sich alle einig, dass die europäische Rettungsaktion für Griechenland gescheitert ist. Die Schulden müssen umstrukturiert werden, schreibt Jeff Frankel in seinem Blog. Wie bereits seit einem Jahr erkennbar ist, ist es nicht möglich, an eine glaubwürdige Kombination des Haushaltsausgleichs Griechenlands, des Länderrisikos und des Wirtschaftswachstums zu denken, welche alles andere als auf einen explosiven Weg für das künftige Verhältnis der Schulden zum BIP andeutet, erklärt der an der Harvard University, Kennedy School of Government lehrende Wirtschaftsprofessor. Es gibt eine Menge Tadel. Aber drei grosse Fehler können der europäischen Führungsrolle zugeschrieben werden. Dazu gehört die EZB, betont Frankel.

Fehler Nummer 1 war die Entscheidung im Jahr 2000, Griechenland hereinzulassen. Das Land war ein Sonderfall, geographisch und wirtschaftlich. Das Land hat die Maastricht-Kriterien nicht annähernd erfüllt, insbesondere die Obergrenze von 3% Haushaltsdefizit im Verhältnis zum BIP, argumentiert Frankel.

Fehler Nummer 2 war, zuzulassen, dass die Zinsaufschläge (spreads) auf Staatsanleihen Griechenlands in der Zeit von 2002-2007 beinahe auf Null zurückgefallen sind. Trotz Haushaltsdefizite und Verschuldung war Griechenland in der Lage, fast so leicht Kapital aufzunehmen wie Deutschland, schildert Frankel.

Ein Teil der Schuld gehört internationalen Investoren, die das Risiko von aller Arten von Vermögenswerten in diesem Zeitraum grob unterschätzt haben. Und ein Teil der Schuld gehört zu Rating-Agenturen, die wie üblich hinter den Indikatoren der Verschuldungsproblematik Europas lagen, anstatt Frühindikatoren zu folgen. Aber in diesem Fall könnten die beiden Gruppen darauf hinweisen, dass die EZB die griechischen Schuldtitel als Sicherheit (collateral) akzeptiert hat, und zwar auf dergleiche Stufe mit deutschen Staatsanleihen.

Fehler Nummer 3 war das Versagen, Griechenland zu Beginn der Krise zum IWF zu schicken, bevor griechische Zinsen auf 600 Basispunkte geklettert sind. Die Notwendigkeit für den IWF hätte bis Januar 2010 klar sein müssen, hebt Frankel hervor. Die Entscheidungsträger in Frankfurt und Brüssel hätten die griechische Krise als hilfreiche Gelegenheit willkommen heissen können, einen Präzedenzfall für die langfristige Lebensdauer des Euros zu schaffen.

Die Idee, dass ein solches Problem im Euroland irgendwann entstehen würde, kann nicht als Überraschung gekommen sein. Denn warum haben die Architekten der EU Maastricht-Kriterien, No Bailout Clause (1991) und Stability & Growth Pact (1997) überhaupt geschrieben?

Als die Regeln versagten und die Krise kam, hätten die Staats- und Regierungschefs sich bei ihren Glückssternen bedanken sollen, weil der erste Testfall in einem Land vorkam, welches zwei Eigenschaften bewundernswert erfüllt hat: (i) Griechenland hat die Regeln so unerhöht und so oft gebrochen, dass man mit gutem Gewissen eine klare Haltung hat nehmen können, (ii) die griechische Wirtschaft war klein genug, um es für Europa möglich zu machen, die erforderlichen Mittel bereitzustellen, um die anderen Mitglieder, die zwar anfällig für Ansteckung, aber nicht tadelnswert waren, beschreibt Frankel.

Fazit: „Es stellte sich heraus, dass die deutschen Steuerzahler die ganze Zeit im Recht waren. Wer kann im Lichte des Demokratiedefizits denken, dass Europa für eine Transferunion bereit ist?“, fasst Frankel als Fazit zusammen.



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