Jedes Mal, wenn der IWF einen neuen Geschäftsführer erwartet, klagen Kritiker, dass es höchste Zeit für einen Amtsträger aus einem Emerging Markets-Land ist. Aber das Jammern ändert nichts an der ungerechten 60-jährigen Tradition, dass ein Europäer den IWF und ein Amerikaner die Weltbank führt. Nur wenn die Schwellenländer sich auf einen einzigen Kandidaten einigen würden, könnten sie sich den Posten sichern, schreibt Jeffrey Frankel in einem lesenswerten Essay („Who Should Lead the IMF?“) in Project Syndicate.
Frankreichs Finanzministerin Christine Lagarde (Europas Wahl) ist beeindruckend und kompetent. Aber das Vorhaben, dass die laufenden Staatsschuldenkrise am Rande Europas ein Grund ist, einen Europäer zu ernennen, ist falsch. Lagarde selbst scheint dies zu bestätigen, hebt der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor hervor. Europa hat seinen impliziten Anspruch, die beste Quelle für ernsthafte Leute mit Erfahrung für die Führung des IWF zu sein, verloren.
Es gibt drei Punkte, warum Europa nicht mehr einen speziellen Sitz der Weisheit und der Verantwortung in Anspruch nehmen kann: (1) Viele grosse Emerging-Market Länder haben in den letzten 10 Jahren einen besseren Job gemacht, was das Management der Volkswirtschaft betrifft. Diese Länder haben keine übermässige Haushaltsdefizite wie die meisten europäischen Länder in den vergangenen 10 Jahren aufgewiesen. (2) Die Europäer haben nun drei Geschäftsführer in einer Reihe betimmt, die vor Ablauf ihrer Amtszeit zurückgetreten sind. Die betroffenen Männer scheinen die Aufgabe nicht ernst genug genommen zu haben, und (3) Viele der besten Kandidaten sind diesmal aus Schwellenländern. Das Verdienst-Kriterium fällt jetzt mit dem anerkannten aber nie berücksichtigten Erfordernis zusammen, den Schwellenländern im IWF-Governance mehr Gewicht zu verleihen, im Einklang mit ihrem neuen Gewicht in der Weltwirtschaft, unterstreicht Frankel.
Professor Frankel zählt 9 Emerging-Markets Kandidaten auf, die ungewöhnlich gut qualifiziert sind, um den IWF zu führen. Die Kandidaten kommen aus allen Teilen der Welt.
Agustin Carstens (Gouverneur der Zentralbank Mexikos),
Arminio Fraga (der ehem. Gouverneur der Zentralbank Brasiliens),
Tharman Shanmugaratnam (Singapore’s Finanzminister),
Sri Mulyani Indrawati (ehem. Finanzministerin Indonesias),
Leszek Balcerowicz (ehem. Finanzminister Polens),
Travel Manuel (ehem. Finanzminister Südafrikas),
Drei Kandidaten, die gute Leistung erbringen würden, aber nicht im Wettstreit sind:
Kemal Dervis (ehem. Wirtschaftsminister der Türkei) wäre hervorragend, aber nahm sich zu früh aus dem Rennen.
Stanley Fischer (Gouverneur der Bank of Israel) hätte 2000 aufgestellt werden sollen, als er damals der stellvertretende Geschäftsführer war.
Montek Ahluwalia (stellvertr. Vorsitzender der Planungskommission Indiens). Aber der Bewerber darf nicht älter als 65 sein, was ihn (und auch Fischer) ausschliesst.
Die Frist für Nominierungen gilt bis zum 10. Juni. Jeder der 9 Kandidaten würde einen guten Job machen, betont Frankel. Er würde Shanmugaratnam unterstützen. Es ist aber weitaus wahrscheinlich, dass die geteilt bleiben. In diesem Fall würde die Wahl auf Lagarde fallen.
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