Freitag, 24. Dezember 2010

Schweiz: Warum Geldmengenwachstum keine Inflation auslöst

Warum der kräftige Zuwachs  der monetären Aggregate nicht unbedingt zu einem Anstieg der Inflation führen muss, belegen die aktuellen Daten aus der Schweiz, die die SNB heute im Quartalsheft 4, Dezember 2010 veröffentlicht hat. Während die Notenbankgeldmenge stark zugelegt hat, wie man in der anschaulichen Abbildung beobachten kann, ist der Geldmultiplikator regelrecht eingebrochen. Die Inflation ist dabei nicht nur nicht gestiegen, sondern unter die Marke von Null gefallen. Die Kerninflation belief sich im vergangenen Monat auf 0,0%. Im Oktober betrug die Kerninflation, die Informationen über die künftige Entwicklung des Konsumentenpreis-Index (CPI) liefert, sogar Minus 0,1%. Warum? Weil die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Sog der Finanzkrise beinahe zum Erliegen gekommen ist. Woran misst man das? An der Produktionslücke (output gap), die als prozentuale Abweichung des BIP vom geschätzten gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzial berechnet wird. Die Produktionslücke zeigt an, wie gut die Produktionsfaktoren in einer Volkswirtschaft ausgelastet sind.


Geldmultiplikator M3 und monetäre Aggregate, Graph: SNB, Quartalsheft 4, Dezember 2010

Die Produktionslücke gilt als Indikator, der etwas über den Inflationsdruck aussagt, wie die SNB hervorhebt. Fällt das BIP während längerer Zeit unter das Produktionspotential, signalisiert dies einen Angebotsüberhang und damit einen fallenden Inflationsdruck. Die Schätzungen des Produktionspotenzials lassen darauf schliessen, dass das BIP im dritten Quartal nur geringfügig unter dem Produktionspotenzial lag, teilt die SNB im Quartalsheft mit. Die Produktionslücke betrug in der Schweiz je nach Schätzmethode

-0,4% (Produktionsfunktionsansatz),
-0,2% (Hodrick-Prescott-Filter),
-0,1% (multivariater Filter).


Schweiz, Produktionslücke, Graph: SNB, Quartalsheft 4, Dezember 2010

Alle drei Schätzungen der Produktionslücke zeigen an, dass die Unterauslatung der Produktionsfaktoren im dritten Quartal weiter abgenommen hat. Der Verlauf der Kurve seit dem Ausbruch der globalen Finanzkrise ist in dieser Hinsicht sehr aussagekräftig.


Schweiz, Kapazitätsauslastung, Graph: SNB, Quartalsheft 4, Dezember 2010

Die Erholung der Nachfrage schlägt sich in einer höheren Auslastung der technischen Kapazitäten. Die Kapazitätsauslastung in der Industrie ist gemäss einer Umfrage der KOF (Konjunkturforschungsstelle der Eidg. Technischen Hochschule Zürich) von 82,6% im zweiten Quartal auf 83,7% im dritten Quartal gestiegen.


Schweiz, Kerninflation, Graph: SNB, Quartalsheft 4, Dezember 2010

LIK: Landesindex der Konsumentenpreise (CPI)
TM15: Der getrimmte Mittelwert der SNB (Trimmed Mean Inflation)
DFI: Dynamic Factor Inflation der SNB

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