Der IWF und die EU haben sich verpflichtet, für die Rettung der in Schwierigkeiten geratenen Banken Irlands 67,5 Mrd. Euro in die Hand zu nehmen. Steht die Schuldenkrise der Euro-Zone nun kurz vor dem Abschluss? Leider nicht, schreibt Kenneth Rogoff in einem lesenswerten Essay („The Euro at Mid-Crisis“) in Project Syndicate. „In der Tat sind wir wahrscheinlich inmitten der Krise“, bemerkt der an der Harvard University lehrende Wirtschaftsprofessor. „Das Endspiel dürfte eine Welle von Schulden-Abschreibungen nach sich ziehen, ähnlich wie die Entwicklung der lateinamerikanischen Schuldenkrise in den 1980er Jahren“, erklärt Rogoff. Der ehem. Chefökonom des IWF rechnet mit mehr Rettungsaktionen, mit Portugal an der Spitze der Liste. Spanien ist ein schwieriger Fall, bemerkt Rogoff. „Die Zentralregierung behauptet zwar, dass das Land solvent ist, aber ein bedeutender Teil der kommunalen und provinziellen Banken scheint unter Wasser. Die Frage ist daher, ob die spanische Zentralregierung sich für die Übernahme von privaten (und auch kommunalen) Schulden entschliessen wird“.
„Aus historischer Sicht gibt es keinen Grund für Optimismus“, legt Rogoff dar. Es ist schwierig für eine Zentralregierung, an der Seitenline zu bleiben, wenn die wichtigsten Akteure der Wirtschaft am Rande des Zusammenbruchs stehen. Die Rettungsaktionen für Portugal und Spanien sind nicht unbedingt die endgültige Phase der Krise. Letztlich geht es um eine Umstrukturierung der privaten und öffentlichen Schulden in allen notleidenden Ländern der Euro-Zone. „Manchmal sieht es so aus, als wäre Angela Merkel die einzige Regierungschefin, die bereit ist, einer künftigen Umschuldung gegenüberzusehen“, so Rogoff. Was die EU und der IWF im Wesentlichen beschlossen haben, ist, ein privatrechtliches Schuldenproblem in ein öffentlichrechtliches Schuldenproblem zu verwandeln. Haben die Europäer beschlossen, dass ein staatlicher Zahlungsverzug einfacher ist oder träumen sie einfach davon, dass es nicht so weit kommt?
Indem private Schulden verstaatlicht werden, folgt Europa dem Weg der lateinamerikanischen Schuldenkrise in den 1980er Jahren. Auch dort bürgten die Regierungen für die Schulden des Privatsektors und gingen dazu über, die Zahlungen einzustellen (default). Schliesslich wurden die Schulden unter dem Brady-Plan (1987) um ungefähr 30% abgeschrieben, vier Jahre nach der die Krise voll zugeschlagen hatte. Die Beteiligten wären viel besser bedient gewesen, wenn sie sich viel früher darauf verständigt hätten, einen Teil der Schulden zu erlassen, argumentiert Rogoff.
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