Die US-Notenbank (Fed) hat bekanntlich während der Finanzkrise zahlreiche inländische und ausländische Banken mit Liquidität in Höhe von rund 3'300 Mrd. $ versorgt. Unter den ausländischen Banken, die bei der Fed Hunderte von Mrd. $ geliehen haben, befinden sich auch deutsche Banken. Das geht aus den am Mittwoch veröffentlichten Daten der Fed zu Stützungsprogrammen, welche seltsame Abkürzungen wie PDCF, TSLF, CPFF, TALF usw. trugen, hervor. Die Fed hatte bisher die Transparenz hartnäckig abgelehnt, mit der Begründung, dass die Finanzinstitute aus Sicht der Finanzmärkte „schwach erscheinen“ würden. Die Datenanalyse ist nun jedoch dank dem 2'300 Seiten umfassenden Finanzmarktregulierungsgesetz (Dodd-Frank-Financial Bill) möglich. Was ist jetzt draus zu ziehen? Mit dieser Frage befasst sich Gillian Tett in einem lesenswerten Kommentar („Lessons in a $3’000bn surprise from the Fed“) in FT. Eine Lehre, die zeigt, ist, welche Herkulesaufgabe die Fed zwischen den Jahren 2008 und 2009 zu bewältigen hatte. Das Krisenprogram der Regierung war darauf ausgerichtet, für die Finanzinstitute massive Liquiditätsspritzen bereitzustellen.
Die offensichtliche Konzentration auf die Rettungsmassnahmen (bail-outs) geht aber an der Sache vorbei, bemerkt Tett. Die entscheidende Frage in der jüngsten Finanzkrise war die Tatsache, dass die Shadow-Banking-Welt zum Stillstand kam. Was die Fed getan hat, war mit 3'300 Mrd. $ den Verbriefungsmarkt zu ersetzen und das System mit Liquidität zu versorgen, erklärt die international anerkannte FT-Journalistin aus London. Die Fed wurde 2008-2008 zum Markt, und zwar nicht nur in den USA, sondern auch in Europa, argumentiert sie. Das ist eine ernüchternde Lehre für die europäischen Staats- und Regierungschefs. Die Fed lag richtig, zu handeln. Ausserordentliche Zeiten erfordern ausserordentliche Massnahmen. Ohne Gegenmassnahmen hätte das ganze Finanzsystem stillstehen können, argumentiert Tett. Aber nur die Fed hatte die Freiheit, zu handeln, weil sie eine zentrale Stelle mit starken Befugnissen ist. Die EZB, die in politischer Landschaft Europas zersplittert ist, kann hingegen davon nur träumen, hebt Tett hervor.
Es gibt aber eine zweite Lehre: Nämlich, dass die Fed-Date auch zeigen, wie schlecht die meisten Politiker, Investoren und Bankiers informiert sind, wie das moderne Finanzwesen funktioniert, hält Tett fest. Vor 2007 wussten die meisten Regulierungsbehörden nur vage, dass die europäischen Finanzinstitute sich mit US-Wertpapieren zugedeckt hatten. Sie anerkannten zwar, dass die Schatten-Bank-Welt enge Verbindungen zwischen den amerikanischen und europäischen Banken schuf. Aber es war erst die Krise, wie klar machte, wie weit verbreitet und gefährlich Vernetzung wurde. Das zeigt, warum eine öffentliche Debatte über die Schatten-Bank-Welt so wichtig ist. Es unterstreicht auch die Notwendigkeit für die Koordination der internationalen Regulierungsbehörden, so Tett.
Eine dritte Lehre ist, dass die Investoren ein wachsames Auge auf eine andere Klausel des Dodd-Frank-Gesetzesvorlage halten sollten, nämlich auf die Schaffung eines sog. „Office of Financial Research“. Die Idee, die bisher weitgehend ignoriert wurde, ist die Forderung nach einem Gremium, welches das Mandat hat, die Aspekte des Finanzsystems, einschliesslich der grenzüberschreitenden Finanzströme und Schatten-Banken zu beobachten.
Immerhin werden 3'300 Mrd. $ verwendet, um das Finanzsystem zu unterstützen. Die Fed und andere haben das Recht, im Gegenzug so viel wie möglich zurückzuverlangen, sowohl von den amerikanischen als auch von den europäischen Banken, fasst Tett zusammen. Es wäre ein guter Anfang, viel bessere Daten aus den Banken zu extrahieren, um nicht nur die heutige Krise in Europa zu erleichtern, sondern auch zu verhindern, dass europäische und amerikanische Banken in so ein gefährliches Web verwickelt werden.
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