Samstag, 28. Februar 2015

Was Griechenland gewonnen hat

Paul Krugman befasst sich in seiner lesenswerten Kolumne („What Greece Won“) am Freitag in NYTimes mit der Frage, wie die Einigung, die die neue griechische Regierung nach viel Drama mit ihren Gläubigern erzielt hat, gelaufen ist.

Glaubt man Nachrichten und Meinungsartikeln in den Medien in den letzten Tagen, könnte man meinen, dass es eine Katastrophe war. Das denken offenbar einige Fraktionen auch innerhalb von Syriza. Aber es war nicht so, argumentiert der am Graduierten Zentrum der City  University New York (CUNY) lehrende Wirtschaftsprofessor: Griechenland kam aus den Verhandlungen ziemlich gut abgeschnitten, obwohl die grossen Kämpfe noch vor uns liegen.

Um zu verstehen, was passiert ist, muss man sehen, dass der Hauptstreitpunkt eine einzige Zahl betrifft: die Grösse des griechischen Primärüberschusses (primary surplus). Das ist der Unterschied zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Staates ohne Berücksichtung der Zinszahlungen auf Schulden. Der Primärübeschuss bemisst die Höhe der Gelder, die Griechland an seine Gläubigern tatsächlich überweist.

Alles andere einschliesslich der Nominal-Grösse der Verschuldung (eine mehr oder weniger beliebige Zahl an dieser Stelle) ist insofern von Bedeutung, als es mit dem Primärüberschuss zu tun hat, den Griechenland vorweisen muss.

Syriza hat immer klar darüber kommuniziert, dass Griechenland die Absicht hat, einen moderaten Primärüberschuss abzuliefern. Wenn man sich ärgert, dass die Verhandlungen nicht zu einer vollständigen Umkehrung von der Austeritätspolitik zu einem Konjunkturprogramm (fiscal stimulus à la Keynes) führten, hat nicht aufgepasst, worum es geht, erklärt Krugman.


Griechenlands Wirtschaft: Das verordnete Programm durch die Troika und das Ergebnis in der Praxis, Graph: Prof. Paul  Krugman in NYTimes

Die Frage war nämlich, ob Griechenland gezwungen würde, um mehr Austerität anzunehmen. Die bisherige Regierung Griechenlands hatte einem Programm zugestimmt, den Primärüberschuss in den kommenden Jahren zu verdreifachen, auf enorme Kosten des Landes.

Warum würde sich aber eine Regierung auf so was überhaupt einlassen? Angst, dass der Cash-Flow durch die Gläubiger abgeschnitten würde, oder noch schlimmer, dass das Bankensystem des Landes zusammenbrechen könnte, wenn noch schärfere Kürzungen im Haushalt auferlegt würden.

Hat Griechenland eingelenkt und Primärüberschüsse, die die gesamte Wirtschaft zum Erliegen bringen, akzeptiert? Nein. In der Tat hat Griechenland eine neue Flexibilität für dieses Jahr gewonnen, argumentiert Krugman. Seiner Ansicht nach war der betreffende Text über Primärüberschüsse unklar. Und die Gläubiger haben jetzt Finanzmittel für die nächsten Monate freigegeben.

Warum ist die ganze Berichterstattung in den Medien so negativ? Nichts, was gerade geschehen ist, rechtfertigt laut Krugman die durchdringende Rhetorik eines Fehlschlags.

Eigentlich habe Krugman das Gefühl, dass das, was wir sehen, eine unheilige Allianz zwischen den linksgerichteten Autoren mit unrealistischen Erwartungen und der Wirtschaftspresse darstellt, der die Geschichte des griechischen Debakels gefällt, weil genau das nach deren Lesart mit dreisten Schuldnern geschehen soll.

Es ist im Grunde genommen die erste echte Schuldner-Revolte gegen die Austeritätspolitik, die jetzt einen ordentlichen Start hingelegt hat, auch wenn niemand daran glauben mag, hält Krugman als Fazit fest.

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