Samstag, 21. Februar 2015

Austerity: The History of a Dangerous Idea

Buchbesprechung:

Mark Blyth: Austerity – The History of a Dangerous Idea. Oxford University Press, Paperback 2015, Oxford, New York

In einem Nachtrag für die Taschenbuch-Ausgabe des vor rund zwei Jahren vorgelegten ausgezeichneten Buches bemerkt Mark Blyth Ende August 2014, dass die Austerität immer noch eine gefährliche Idee ist und immer noch nicht funktioniert.

Der an der Brown University lehrende Wirtschaftsprofessor deutet darauf hin, dass die Staatsverschuldung heute unter Austeritätspolitik höher ist, nicht niedriger. 

Das ist der sog. „Nenner-Effekt“ (denominator effect). Die Schuldenstandsquote (debt to GDP)  ist ein Bruch: Auf dem Zähler werden die Schulden (debt) und auf dem Nenner die Wirtschaftsleistung (GDP) angegeben. 

Wenn der Nenner sinkt, dann wird der Bruch insgesamt grösser.Da das BIP aufgrund der Ausgabenkürzungen schrumpft, wird die Verschuldung wechselseitig grösser. Wie soll das Wirtschaftswachstum mit harschen Sparmassnahmen, restriktiver Fiskalpolitik und Ausgabenkürzungen der öffentlichen Hand gefördert werden?

Was die Rendite der Staatsanleihen in der Eurozone gedrückt hat, ist nicht die Haushaltskonsolidierung, sondern Zentralbank-Politik, unterstreicht Blyth weiter. Das heisst, dass es die von der EZB in den Markt gepumpte Liquiditität ist, die die Gemüter beruhigt und zu einem Rückgang des Renditeniveaus geführt hat.

Die Verfechter Austeritätspolitik argumentieren, dass die Rendite der Staatspapiere in die Höhe schnellen, weil die Märkte wegen der ausser Kontrolle geratenen Schulden und der Staatsausgaben höchst besorgt sind, nicht wegen des Liquiditätsproblems oder der Gefahr des Zusammenbruchs.

Wenn dem so wäre, wäre die Geldpolitik der Zentralbank völlig unwirksam, da die Rendite und Verschuldung i.d.R. positiv korrelieren. Das ist aber nicht der Fall. Den „liquidity-not-austerity“ Effekt sieht man am deutlichsten am Verhältnis zwischen den Renditen und Staatsschulden, hebt Blyth hervor.

Warum wird aber in Europa trotzdem am unvorteilhaften Kurs der Austerität festgehalten? Es ist die grösste Lockvogeltaktik der Geschichte, legt Blyth dar. Das private Banken-System wurde in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften gerettet und re-kapitalisiert. Das geschah über die Bücher der öffentlichen Hand. Im Ergebnis wurde die private Verschuldung in Staatsverschuldung umgewandelt.

Die Vorteile gingen zu Gunsten der Insider, während die Kosten auf die Steuerzahler aufgebürdet wurden.

Das ist sicherlich ein unbedingt lesenswertes Buch, als Blyth den Aufstieg und Fall des Austeritätsansatzes im historischen Horizont nachzeichnet und überzeugend darlegt, dass es einen expansiven Sparkurs (expansionary austerity) nicht gibt.

Keine Kommentare: