Buchbesprechung:
Mark Blyth: Austerity – The History of a Dangerous Idea. Oxford University Press, Paperback 2015, Oxford, New York
In einem Nachtrag
für die Taschenbuch-Ausgabe des vor rund zwei Jahren vorgelegten
ausgezeichneten Buches
bemerkt Mark Blyth Ende August 2014,
dass die Austerität immer noch eine gefährliche Idee ist und immer noch nicht
funktioniert.
Der an der Brown
University lehrende Wirtschaftsprofessor deutet darauf hin, dass die
Staatsverschuldung heute unter Austeritätspolitik höher ist, nicht niedriger.
Das ist der sog. „Nenner-Effekt“ (denominator
effect). Die Schuldenstandsquote (debt
to GDP) ist ein Bruch: Auf dem Zähler
werden die Schulden (debt) und auf
dem Nenner die Wirtschaftsleistung (GDP)
angegeben.
Wenn der Nenner sinkt, dann wird der Bruch insgesamt grösser.Da das BIP aufgrund der Ausgabenkürzungen schrumpft, wird
die Verschuldung wechselseitig grösser. Wie soll das Wirtschaftswachstum mit
harschen Sparmassnahmen, restriktiver Fiskalpolitik und Ausgabenkürzungen der
öffentlichen Hand gefördert werden?
Was die Rendite der Staatsanleihen in der Eurozone
gedrückt hat, ist nicht die Haushaltskonsolidierung, sondern
Zentralbank-Politik, unterstreicht Blyth weiter. Das heisst, dass es die von der EZB in den Markt gepumpte
Liquiditität ist, die die Gemüter beruhigt und zu einem Rückgang des
Renditeniveaus geführt hat.
Die Verfechter Austeritätspolitik argumentieren, dass
die Rendite der Staatspapiere in die Höhe schnellen, weil die Märkte wegen der
ausser Kontrolle geratenen Schulden und der Staatsausgaben höchst besorgt sind,
nicht wegen des Liquiditätsproblems oder der Gefahr des Zusammenbruchs.
Wenn dem so wäre, wäre die Geldpolitik der Zentralbank
völlig unwirksam, da die Rendite und Verschuldung i.d.R. positiv korrelieren.
Das ist aber nicht der Fall. Den „liquidity-not-austerity“ Effekt sieht man am
deutlichsten am Verhältnis zwischen den Renditen und Staatsschulden, hebt Blyth hervor.
Warum wird aber in Europa trotzdem am unvorteilhaften
Kurs der Austerität festgehalten? Es ist die grösste Lockvogeltaktik der Geschichte, legt Blyth dar. Das private
Banken-System wurde in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften gerettet und
re-kapitalisiert. Das geschah über die Bücher der öffentlichen Hand. Im
Ergebnis wurde die private Verschuldung in Staatsverschuldung umgewandelt.
Die Vorteile gingen zu Gunsten der Insider, während
die Kosten auf die Steuerzahler aufgebürdet wurden.
Das ist sicherlich ein unbedingt lesenswertes Buch,
als Blyth den Aufstieg und Fall des Austeritätsansatzes im historischen
Horizont nachzeichnet und überzeugend darlegt, dass es einen expansiven
Sparkurs (expansionary austerity)
nicht gibt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen