Dienstag, 9. November 2010

Wie strukturell ist die Arbeitslosigkeit?

Der Anstieg der amerikanischen gesamtwirtschaftlichen Nachfrage nach Arbeitskräften, welcher sich in steigenden Stellenangeboten wiederspiegelt, wurde nicht von einem ähnlichen Rückgang der Arbeitslosenquote begleitet, schreiben Rob Valletta und Katherine Kuang in einem küzlich vorgelegten Research-Paper („Is Structural Unemployment on the Rise?“) bei FRBSF. „Einige Analysten behaupten, dass Arbeitslosen die Fähigkeit fehlt, um freie Stellen zu füllen, ein Missverhältnis (mismatch), welche zu einem ansteigenden Niveau der strukturellen Arbeitslosigkeit beiträgt. Die Analyse der Daten in Bezug auf das Beschäftigungswachstum und Arbeitslosenquote über die Branchen, Berufe und Bundesstaaten legen nur einen begrenzten Anstieg der strukturellen Arbeitslosigkeit nahe, was darauf hinweist, dass zyklische Faktoren für den meisten Anstief der Arbeitslosenquote verantwortlich sind“, so die Autoren. Die Nachfrage nach Arbeitskräften nimmt in den USA zu, was sich in einem bescheidenen Anstieg der Beschäftigung im privaten Sektor und in einer deutlichen Erhöhung der privaten Stellenangeboten in den vergangenen 12 Monaten reflektiert, bemerken Valletta und Kuang.

Beveridge Kurve, Graph: Rob Valletta und Katherine Kuang, FRBSF

Trotz dieser Anzeichen für eine Besserung ist die Arbeitslosenquote nur geringfügig zurückgegangen, heben die Autoren hervor. Einige Analysten beschwören das Gespenst eines fundamentalen Ungleichgewichts zwischen dem Angebot an Arbeitskräften in Bezug auf die Fähigkeiten der Arbeitnehmer und der Nachfrage nach Arbeitskräften in Sachen Arbeitgeber-Qualitätsanforderungen herauf. Ein solches Missverhältnis (mismatch) zwischen verfügbaren Arbeitskräften und verfügbaren Stellen könnte das Niveau der strukturellen Arbeitslosigkeit erhöhen. In dem Masse, dass die strukturelle Arbeitslosigkeit tatsächlich steigt, stellt das Phänomen ein Dilemma für die Politik dar. Es kann nicht durch herkömmliche Geld- und Fiskalpolitik verbessert werden. Und es bedeutet ein Anstieg der niedrigsten Arbeitslosenquote, welche mit stabilen Inflationsraten verbunden ist, die als NAIRU bekannt ist: Non-Accelerating Inflation Rate of Unemployment, auf Deutsch Natürliche Arbeitslosigkeit.

Diese Studie (Economic Letter 2010/34) überprüft Anzeichen für zunehmende strukturelle Arbeitslosigkeit und eine höhere NAIRU. Die Analyse legt einen kleinen Anstieg um 1 ¼% sowohl der strukturellen als auch der NAIRU nahe, Anstiege, die wahrscheinlich vorübergehender Natur sind, nicht von Dauer, schlussfolgern die Autoren.

h/t Mark Thoma in Economist’s View

Exkurs:

Beveridge-Kurve zeigt den Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und offenen Stellen und sie stellt zugleich friktionelle (Arbeitslosigkeit, die auf Grund von Suchprozessen infolge von Stellenwechsel entsteht) und konjunkturelle Arbeitslosigkeit gegenüber. Auf der Abzisse werden die arbeitslosen Personen, auf der Ordinate die Anzahl der offenen Stellen eingetragen. Herrscht Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt, befinden wir uns auf der Geraden durch den Ursprung der Abbildung. Punkte auf der Beveridge-Kurve rechts der Winkelhalbierenden stellen Ungleichgewichte dar, wo Stellenmangel vorherrscht (konjunkturelle Arbeitslosigkeit).

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1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Mismatch läßt sich ganz einfach durch Qualifizierung der Arbeitnehmer reduzieren , in Deutschland auch als aktive Arbeitsmarktpolitik bekannt.
Aber dies stellt nicht das Hauptproblem dar.Solange sowohl geringqualifizierte Fabrikarbeitsplätze wie auch hochqualifiziert Dienstleistungen wie z.B. Analyse von Röntgenbildern und CT`s durch Fachärzte nach Indien und China ausgelagert werden,kann man sich jede Diskussion über Formen der Arbeitslosigkeit in den USA sparen.
Je mehr die US Eliten sich gegen das berechtigte Volksinteresse an Arbeitsplätzen im Heimatland stellen, um so eher werden sie mit heftigen Konsequenzen zu rechnen haben.

Faam