Samstag, 13. November 2010

US-Finanzkommission: Simpson-Bowles Defizit-Plan

Die von Präsident Obama eingesetzte überparteiliche US-Finanzkommission hat zum ersten Mal einen umfassenden Plan vorgelegt. Es geht in erster Linie um die Reduzierung des Haushaltsdefizits. Der Republikaner Alan Simpson und der Demokrat Erskine Bowles unterbreiten Vorschläge, wie die weltgrösste Volkswirtschaft ihre Staatsfinanzen mittelfristig sanieren soll. Damit beginnt die Schuldendebatte. In einem lesenswerten kurzen Essay in  MoneyWatch nimmt Mark Thoma dazu Stellung. Er vertritt die Meinung, dass es im Plan gute Ideen gibt, das Vorhaben aber gehe in seiner Gesamtheit nicht auf. „Zum Teil ist der Plan sogar rätselhaft: Warum enthält das Vorhaben, welches die Staatsverschuldung reduzieren will, einen Vorschlag für Steuersenkungen? Das macht überhaupt keinen Sinn, es sei denn, es ist ein Versuch, dem Steuersystem eine Ideologie aufzuerlegen“, so Thoma. „Warum sind Erlös-Obergrenzen (revenue caps) ein Teil des Vorhabens? Würden höhere Einnahmen das Defizit nicht früher schliessen als Deckelungen? Ist es nicht die Aufgabe der Kommission, herauszufinden, wie das zu tun ist?“, legt der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor dar.

Thoma nimmt an, dass die Decklung der Einnahmen einen Versuch darstellt, das Wachstum der Ausgaben zu verhindern. „Leider gibt es aber keine Beweise dafür, dass solche Versuche, die Bestie auszuhungern (starve the beast), alles tun, um das Wachstum der Einnahmen zurückzuhalten“, erklärt Thoma. Stattdessen beschränken die Deckel die Optionen, die Ausgaben zu bezahlen und verschlechtern die Haushaltsprobleme. „Wenn Simpson und Bowles die Ausgaben einschränken wollen, dann sollten sie zum Ausdruck bringen, wie es getan werden kann, anstatt das Problem mit Obergrenzen für Einnahmen zu lösen“, so Thoma.

„Irgendwann müssen wir mit der Tatsache auseinandersetzen, dass das Hauptproblem das Wachstum der Gesundheitskosten ist und bis dieses Problem aufgehoben ist, das Problem der Staatsverschuldung anhalten wird. Der Defizit-Plan bezieht sich nicht auf das Problem, das vor uns liegt, sondern wir bekommen Obergrenzen“, beschreibt Thoma. Die Deckel selbst würde das Wachstum der Ausgaben für das Gesunheitswesen auf 1% des BIP nach 2020 eingrenzen, indem er ein Verfahren für eine regelmässige Bewertung der Wachstumskosten einleitet und erforderliche zusätzliche Schritte unternimmt, wenn die erwarteten Einsparungen nicht eintreffen. „Was sind aber die weiteren Schritte, die wir unternehmen, wenn nötig? Wie wird der Prozess festgelegt, zu ermitteln, wie die Einsparungen zustande kommen?“, fragt Thoma weiter. Deuten Simpson und Bowles darauf hin, dass „death panels“ eingerichtet werden, die entscheiden, wer wie abgedeckt wird? Wenn nicht, was haben sie im Sinn?

Fazit: „Wie müssen das Problem die Staatsverschuldung angehen. Wir werden die Kosten im Gesundheitswesen in einer seriöser Weise anpacken müssen. Dieses Vorhaben enthält in dieser Hinsicht nichts“, fasst Thoma zusammen.

„Wir können der Defizit-Kommission „goodbye“ sagen“, bemerkt auch Paul Krugman in seinem Blog in diesem Zusammenhang. Wenn man über die US-Finanzpolitik in Zukunft ernsthaft besorgt ist, und es gibt gute Gründe dafür, dann legt man nicht einen Plan vor, welcher grosse Steuersenkungen einbezieht, erklärt der Nobelpreisträger. Selbst wenn die Kürzungen durch vermeintliche Abschaffung von Steuervergünstigungen an anderer Stelle kompensiert werden sollten, ist es schwer genug, den Haushalt auszugleichen, ohne eine Menge Annehmlichkeiten aufzugeben. Annehmlichkeiten, die, ohne Details, ziemlich offensichtlich v.a. sehr Wohlhabenden zu Gute kommen“, so Krugman. Worum geht es eigentlich? Es gibt keinen Beleg dafür, dass die Steuern bei aktuellen Sätzen einen wichtign Hemmschuh für das Wachstum darstellen, legt Krugman dar. Und sie schlagen vor, das Renteneintrittsalter zu erhöhen, weil die Menschen länger leben, ausgenommen diejenigen, die tatsächlich auf Social Security angewiesen sind. Diejenigen, die in der unteren Hälfte der Verteilung sind, leben nicht länger, hält Krugman fest. „Sie sagen also, dass der Hausmeister länger arbeiten muss, bis 70, weil die Anwälte länger als sonst leben“, beschreibt der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor. Der stellvertretende Kommissionsvorsitzende will sicherstellen, dass die Bundeseinnahmen 21% des BIP nicht überschreiten dürfen. „Es ist wirklich so schlimm“, fasst Krugman zusammen.


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