Sonntag, 14. November 2010

Bietet Verhaltensökonomie subtile Formen der Manipulation der Öffentlichkeit?

Robert Shiller hat sich an eine Gruppe von Verhaltens-Ökonomen (behavioral economists) angeschlossen, die für die Anwendung von Propaganda und die subtile Formen der Manipulation der Öffentlichkeit plädieren, was Walter Lippmannmanufacture of consent“ nennt“, schreibt Yves Smith in einem lesenswerten Essay in ihrem Blog. In gewissem Sinne kommt diese hässliche Entwicklung zum Ausgangspunkt zurück, bemerkt sie mit dem Hinweis auf die Mitglieder der Creel Commission.  Das  Komitee für Öffentlichkeitsinformation war ein Propagandainstrument der US-Regierung unter Woodrow Wilson, welches dazu diente, die Bevölkerung psychologisch auf die Teilnahme der USA am ersten Weltkrieg einzustimmen. „Es ist ironisch und ein bisschen traurig, dass Shiller diesen entsetzlichen Artikel in NYT verfasst hat“, bemerkt Smith. „Er war einer der wenigen Ökonomen, die vor den Gefahren der Immobilienblase warnten. Doch jetzt scheint er sich einem der fragwürdigsten Impulse seines Faches anzuschliessen, nämlich einem ungeschickten Versuch an Fingerfertigkeit eine zweifelhafte Orthodoxie zu verteidigen“, erklärt Smith. M.a.W. verteidigt der Artikel („Bailouts, Reframed as Orderly Resolutions“) die Manipulation der Öffentlichkeit, und enthält auch rohe Stückchen Propaganda, so Frau Smith.

Smith zählt als „intellektuell unredlich“ folgende Argumente aus Shiller’s Artikel auf: (1) Wie bereits mehrfach diskutiert, ist die Idee, dass TARP = Total Kosten, schlicht und einfach eine grosse Lüge. Es gab Tonnen von anderen verdeckten Subventionen, von der Zahlung an die CDS-Gegenparteien der AIG für 100 Cents auf einen Dollar, über die Buchstabensuppe der Kreditfazilitäten der Fed während der Krise, bis zu ZIRP, QE und QE2. Negative Realzinsen bedeuten eine Steuer für die Sparer und Investoren. Aber Shiller ignoriert das alles, hält Smith fest.

(2) Neueste Verlustschätzungen implizieren klug, dass das Neueste auch das Genaueste ist. Ist es aber nicht, argumentiert Smith weiter. Die Schätzung, die Shiller zitiert, stammt aus dem Finanzministerium, welches allen Grund hat, so hübsch wie möglich ein Bild zu malen. Und es hat, hält Smith fest. Der neueste Bericht von SIGTARP kritisiert das amerikanische Schatzamt, die Schätzung der Kosten für die Rettung der AIG reduziert zu haben, udn zwar um 40 Mrd. $ durch einen Prozess der Neueinstufung.

(3) TARP mag viele Billionen von Dollars an Verlusten verhindert haben. Das ist aber „zwei für eins“-Wahrheit-Lager, bemerkt Smith. (a) „Es mag verhindert haben“ hilft Shiller aus dem Schneider, weil es vor Scheitern schützt, eine definitive Aussage zu machen, aber einen festen Eindruck in den Geist der Leser verpflanzt, argumentiert Smith weiter. (b) Es legt eine falsche Dichotomie fest: „TARP versus Nichts-Tun“, als die Wahl vorhanden war, dass TARP etwas Sinnvolles täte, wie z.B. Banken schliessen, das Management feuern, gute Vermögenswerte ausgliedern, und die schlechten ausnehmen und sie abarbeiten, so Smith.

Es ist allgemeien anerkannt, dass das Dodd-Frank-Gesetz zu schwach ist. Das amerikanische Schatzamt hat sich im August mit Bloggern zusammengetroffen. Geithner hat diesen Punkt kaum angesprochen. Er hat für Kapitalanforderungen, die hoch genug sind, gerungen. Es ist auch weithin anerkannt, dass der spezielle Auflösungsprozess (special resolution process) des Dodd-Frank-Gesetzes ein Blindgänger (non-starter) ist, was die Institutionen, die das grösste systemische Risiko darstellen, betrifft, die wirklich grossen internationalen Dealer Banken, so Smith. „Shiller geht auf die Vorzüge der besseren „framing“ („Rahmung“) in der politischen Bühne ein, als ob der rechte Flügel nicht seit den 1970er Jahren daran wären. Sein Artikel ist besonders beruhigend“, fasst sie zusammen.


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