Montag, 1. November 2010

Kosten im Vergleich: Finanzmarkt-Krise vs. Sparkassen-Krise

Präsident Obamas Auftritt in der „The Daily Show“ des TV-Satirikers Jon Stewart ist im Vorfeld der amerikanischen Zwischenwahlen in aller Munde. Auch William K. Black geht in einem lesenswerten Essay in benzinga auf die Äusserungen des US-Präsidenten ein. Black, Rechtsprofessor an der University of Missouri befasst sich aber vorerst mit Zahlen. Obama hat nämlich gesagt, dass die Kosten zur Bewältigung der Finanzkrise mit weniger als 1% des BIP niedriger liegen als die Kosten der vergleichsweise kleineren S&L-Krise (Savings & Loan) mit 2,5% des BIP. „Das amerikanische BIP beträgt heute doppelt so hoch wie im Jahre 1993. Obamas Anspruch darauf ist, dass die jeweiligen Kosten für die öffentliche Hand sich auf ungefähr 150 Mrd. $ (Sparkassen-Krise) versus weniger als 150 Mrd. $ (Finanzmarkt-Krise) belaufen“, erklärt Black. „Die Bush- und Obama-Regierungen haben sich konsequent geweigert, jede der erfolgreichen Lehren aus der Reaktion auf das S&L-Debakel gelten zu lassen, auch wenn die Reaktion darauf von beiden Parteien in den öffentlichen Ämtern seit Jahrzehnten gelobt werden“, argumentiert Black. „Beide Regierungen wollen mit den Senior S&L-Regulatoren über die aktuelle Krise nicht einmal reden, die verhindert haben, bevor die Krise eine Rezession ausgelöst hat“, legt der ehem. Regulator dar. Obama denkt, dass seine Reaktion auf die Finanzkrise genial war, weil er nicht der viel teureren Strategie der S&L-Regulatoren nicht gefolgt ist, erläutert Black weiter.

Obama hat in der „The Daily Show“ den Vergleich zum S&L-Debakel als die aussagekräftigste Darlegung gebracht, um zu zeigen, warum seine Regierung Lob verdient. „Was Obama nicht versteht, ist, dass seine „Vertuschungs“-Strategie und seine Ansprüche auf einen genialen Erfolg unmittelbar Dick Pratts Manuskript entwendet sind“, bemerkt Black. Dick Pratt war der Top-S&L-Regulator in den Jahren 1981/83. Als Pratt die Regulierungsbehörde verliess, um bei Merrill Lynch einzusteigen, behauptete er, dass er die Krise durch innovative Lösungsstrategien eingedämmt habe, was die durchschnittlichen historischen Kosten von über 20% auf weniger als 5% der S&L-Vermögenswerte zusammengestrichen habe. Pratts „Lösungen“ waren Buchführungs-Betrügereien (accounting scams), die nichts beigelegt haben, hält Black fest. Sie haben jedoch reale Insolvenzen in falsche Vermögenswerte verwandelt und garantierte fiktive buchhalterische Einkommen generiert. „Der Betrug war so verrückt, dass je mehr insolvente S&L erworben wurden, desto mehr fiktive Einkommen durch die Deals geschaffen wurden“, legt Black dar. Pratt hat so viele von diesen Betrug-Resolutionen (scam resolutions) geschaffen, dass sie so viel fiktive Einkommen und Kapital generiert haben, dass die Branche plötzlich in die Gewinnzone zurückgekehrt ist.

Fazit: „Die Realität war anders. Es war kein Wunder, lediglich die kumulierten Ergebnisse mehrerer buchhalterischen Betrüge. Pratt’s Resolutionen haben die S&L-Krise nicht gelöst. Sie sind immer noch insolvent“, so Black. Pratt’s Vertuschungsstrategie ist, was das S&L-Debakel so teuer zu beheben gemacht hat. Sie hätte eine wirtschaftliche Katastrophe auslösen können, wenn sein Nachfolger die Vertuschung nicht beendet und wiederreguliert hätte. Die Deckelung einer Bank-Krise hat immer einen verführerischen Anreiz für Politiker, schlussfolgert Black. Es gibt nämlich immer Senior-Beamten, die Banker nahestehen, und (be)raten, dass die Deckelung von Bankverlusten und die Bereitstellung von staatlichen Subventionen für die gescheiterten Banken ein „Königsweg“ ist, welcher die Bankkrise praktisch ohne Kosten für die öffentliche Hand lösen könne. „Pratts Vertuschung hat die Öffentlichkeit viel gekostet, weil sie eine kriminogene Umgebung geschaffen hat, welche eine zweite („control fraud“) der Krise verursacht hat“, so Black.

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